Eine Umfrage der Unia bei Beschäftigten im Gastgewerbe und der Hotellerie zeigt, dass sexuelle Belästigung und Mobbing in der Branche verbreitet sind. Doch das ist nur ein Teil des Problems.
UNGESCHÜTZT UND UNTERBEZAHLT: Die miesen Arbeitsbedingungen im Gastro treffen Frauen gleich doppelt. (Foto: Key)
Mary Rodriguez* und Isabel Favre* arbeiteten im gleichen Fast-Food-Restaurant im Kanton Genf. Beide Frauen wurden gemobbt und vom Geschäftsführer der Filiale sexuell belästigt. «Er machte Kommentare über meine Brüste und berührte mich gegen meinen Willen während der Arbeit», erzählt Mary Rodriguez. Isabel Favre ist 22jährig und leidet bis heute unter dem, was passiert ist: «Es war mein erster Job. Diese Erfahrung der sexuellen Belästigung hat mich extrem verunsichert. Ich hatte Angst- und Panikattacken und musste sogar ins Spital.» Nach der Meldung des Falles und der Intervention der Unia wurde der Manager entlassen.
Rodriguez und Favre sind keine Einzelfälle, für viele Gastro-Mitarbeiterinnen gehört sexuelle Belästigung schon fast zum Alltag. Das bestätigt jetzt die Unia-Umfrage: 42 Prozent der etwa 260 Befragten aus der ganzen Schweiz geben an, dass sie Opfer von Mobbing geworden seien. Und ein Viertel der Befragten hat selber sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt. Von Chefs und Chefinnen gibt es in solchen Situationen nur selten Unterstützung (23 Prozent).
Arbeit je nach Wetter. Ein weiteres Problem ist die mangelnde Planbarkeit der Arbeitseinsätze. Nur ein Drittel der Befragten erhalten die Arbeitsplanung immer zwei Wochen im voraus, wie es im Gesetz und im Gesamtarbeitsvertrag des Gastgewerbes vorgeschrieben ist. Fast die Hälfte geben an, dass sie meistens kurzfristiger in die Schichtpläne eingeteilt werden, während 4 Prozent immer auf Abruf arbeiten würden. Die Mehrheit der Beschäftigten ist zudem unzufrieden mit den Löhnen: 83 Prozent finden, dass ihr Lohn zu tief sei und dass sie für ihre Leistung mehr verdienen sollten. Der monatliche Brutto-Medianlohn in der Gastrobranche liegt bei 4482 Franken. Fast ein Drittel gibt zudem an, dass nicht alle Arbeitsstunden bezahlt würden. Und nur 23 Prozent geben an, dass Frauen und Männer im Betrieb für die gleiche Arbeit den gleichen Lohn erhalten würden.
10 000 Unterschriften. Die Unia hat im Februar ein Manifest der Beschäftigten im Gastgewerbe mit über 10 000 Unterschriften an den Arbeitgeberverband Gastrosuisse überreicht. Darin fordern die Beschäftigten unter anderem bessere Löhne und Arbeitsplanung, die Bezahlung aller geplanten Stunden und effektive Massnahmen gegen Belästigung und Mobbing.
*Namen geändert