Am 22. Oktober wird in der Schweiz der National- und der Ständerat gewählt. work zeigt Ihnen, welche politischen Werkzeuge – neben Wählen und Abstimmen – Sie sonst noch haben. Sie haben keinen Schweizer Pass? Auch dann haben Sie das Recht und die Möglichkeit auf Mitbestimmung.
FLAGGE ZEIGEN: An Demonstrationen können alle teilnehmen – unabhängig von ihrem Stimm- und Wahlrecht. (Foto: Lucas Dubuis)
ABSTIMMEN UND WÄHLEN
Das Stimm- und Wahlrecht wahrzunehmen ist das einfachste Mittel, um politisch etwas zu bewirken. Falls Sie noch nie gewählt haben: kein Problem. Wir machen Sie fit für den 22. Oktober. Wer sich beteiligen will, muss allerdings einen Schweizer Pass besitzen – womit rund zwei Millionen in der Schweiz lebende Menschen ausgeschlossen sind. Das will die Initiative «Aktion Vierviertel» nun ändern und ein Grundrecht auf Einbürgerung einführen. Damit hätte die ganze Bevölkerung unseres Landes ein Recht auf politische Teilhabe.
Bisher gibt es nur in den Kantonen Jura und Neuenburg auf kantonaler und auf Gemeindeebene ein Ausländerstimmrecht. Volles Stimm- und Wahlrecht in der Wohngemeinde – ohne kantonale Abstimmungen und Wahlen – haben Migrantinnen und Migranten in den Kantonen Neuenburg, Jura, Waadt und Freiburg. Die Bedingungen dafür unterscheiden sich von Kanton zu Kanton, in den meisten Fällen ist eine bestimmte Aufenthaltsdauer oder eine Niederlassungsbewilligung nötig. In der Deutschschweiz hinkt man hinterher: Kein Kanton kennt das Stimm- und Wahlrecht für Personen ohne Schweizer Pass. Die Kantone Appenzell Ausserrhoden, Basel-Stadt und Graubünden überlassen es den Gemeinden, ob sie das Ausländerstimmrecht auf Gemeindeebene einführen wollen, rund 25 Gemeinden haben das bisher getan. Eine Übersicht dazu finden Sie hier.
Für Volksinitiativen braucht es einen langen Schnauf.
EINER PARTEI BEITRETEN
Abstimmen und Wählen ist Ihnen zu passiv? Dann haben Sie die Möglichkeit, einer Partei oder Interessengemeinschaft beizutreten. Dafür müssen Sie auch nicht Schweizer Bürgerin oder Bürger sein. Wenn Sie für ein politisches Amt kandidieren möchten, allerdings schon. Eine Ausnahme: In den Kantonen Neuenburg, Jura, Waadt und Freiburg haben Ausländerinnen und Ausländer, die auf Gemeindeebene wahlberechtigt sind, auch das Recht, in ihrer Gemeinde gewählt zu werden. Das gilt auch in den Gemeinden der Kantone Graubünden und Appenzell Ausserrhoden, die beschlossen haben, das Wahlrecht für die ausländische Bevölkerung einzuführen, zum Beispiel Rehetobel (AR), Arosa und Schuls (beide GR).
DEMONSTRIEREN, STREIKEN
Eine Demonstration oder ein Streik kann mit Nachdruck auf ein bestimmtes Anliegen oder Thema aufmerksam machen und den Druck auf Politik, eine Branche oder einzelne Arbeitgebende erhöhen. Teilnehmen können und dürfen alle, auch und gerade jene, deren Stimme und Anliegen zu wenig gehört werden. Und auch jene, die nicht stimmberechtigt sind, aber trotzdem einen bedeutenden Anteil der arbeitenden Bevölkerung darstellen, können sich so Gehör verschaffen. Haben Sie ein Anliegen, oder möchten Sie auf Missstände in Ihrer Branche aufmerksam machen? Dann wenden Sie sich an Ihre Gewerkschaft! Sie hilft Ihnen dabei, die richtigen Mittel zu finden, damit sich tatsächlich etwas ändert.
work-Tipp: Easy wählen mit Easyvote
Die Informationsplattform www.easyvote.ch vom Dachverband Schweizer Jugendparlamente (DSJ) will junge Menschen für Politik begeistern. Politisches Knowhow wird unterhaltend, verständlich und politisch neutral vermittelt, mit Bildern, Texten und Clips. Zudem finden Lehrpersonen Unterrichtsmaterialien zum Thema Politik. Auch wenn die Zielgruppe in erster Linie Jugendliche sind: auch Erwachsene, die eine leichtverständliche Erklärung für komplizierte Begriffe und politische Vorgänge suchen, werden hier fündig.
EINE INITIATIVE LANCIEREN
Jede Person, die in der Schweiz stimmberechtigt ist, kann eine Volksinitiative lancieren. Die formalen Bedingungen sind aber hoch. Es muss ein Initiativkomitee gegründet werden, das aus mindestens 7 und höchstens 27 stimmberechtigten Personen besteht. Bevor Sie Unterschriften sammeln können, muss sich das Initiativkomitee bei der Bundeskanzlei melden, die über das weitere Vorgehen informiert. Zum Beispiel muss ein Musterbogen für die Unterschriftensammlung bei der Bundeskanzlei eingereicht und von dieser abgesegnet werden. Folgt ein positiver Entscheid, hat das Initiativkomitee 18 Monate Zeit, um 100 000 Unterschriften zu sammeln, diese von den Gemeinden prüfen zu lassen und das ganze Paket anschliessend der Bundeskanzlei vorzulegen. Bis es zur Volksabstimmung kommt, können aber Jahre vergehen – zuerst müssen Parlament und Bundesrat darüber beraten. Geduld ist also gefragt.
Eine Petition ist schnell eingereicht, dafür aber rechtlich unverbindlich.
DAS REFERENDUM ERGREIFEN
Das sogenannte fakultative Referendum kann auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene ergriffen werden. Und zwar dann, wenn Sie mit einem neuen oder veränderten Gesetz nicht einverstanden sind. Ein Referendum kann von einem Komitee oder einer einzelnen Person ergriffen werden. Handelt es sich um ein Gesetz auf Bundesebene, müssen innerhalb von 100 Tagen nach der Publikation eines neuen Gesetzes 50 000 gültige Unterschriften gesammelt werden. Ist das geschafft, kommt es zur nationalen Abstimmung. Das Gesetz tritt nur dann in Kraft, wenn die Mehrheit dafür stimmt. Übrigens: Auf der Website der Bundeskanzlei finden Sie sämtliche Referenden seit 1874. Viel Spass beim Stöbern!
EINE PETITION EINREICHEN
Haben Sie ein Anliegen, eine Bitte oder eine Forderung? Dann ist es vielleicht Zeit für eine Petition. Diese können Sie schriftlich an die zuständige Behörde schicken. Eine Petition kann von jeder Person lanciert und unterschrieben werden – unabhängig der Staatsangehörigkeit. Sie kann sich an die Bundes-, Kantons- oder Gemeindebehörde richten.
Von der Form her sind Sie frei, in der Regel besteht eine Petition aber aus einem Text und den gesammelten Unterschriften. Auch was die Unterschriften betrifft, gibt es keine formalen Anforderungen. Es gibt keine Frist und auch keine Mindestanzahl an Unterschriften. Allerdings ist eine Petition rechtlich auch nicht verbindlich. Die angeschriebene Behörde muss gemäss Bundesverfassung (Artikel 33) lediglich von der Petition Kenntnis nehmen. Sie beantworten oder weiterverfolgen muss sie nicht.
Begriffe nachschlagen Vorstösse: Bitte, was?
Absolutes Mehr, PUK, Vorstoss, Vernehmlassung, Fraktion … alles Begriffe, die Medien regelmässig verwenden. Oder sie tauchen in privaten Diskussionen über politische Themen hin und wieder auf. Doch was bedeuten sie genau? Falls Sie keine Politologin und auch kein Politik-Nerd sind, kennen Sie wahrscheinlich nicht alle Begriffe gleich gut. Damit sind Sie nicht allein. Das Parlamentswörterbuch, das Sie online finden, erklärt viele politische Begriffe, geordnet von A bis Z.
PLUS ANGEBERWISSEN. Im Wörterbuch erfahren Sie beispielsweise, dass es fünf verschiedene Arten von Vorstössen gibt: Motion, Postulat, Interpellation, Anfrage und Frage in der Fragestunde (Nationalrat). Oder unter dem Stichwort «Altersbeschränkung (Ständeratsmitglieder)» heisst es, dass Mitglieder des Ständerates mindestens 18 Jahre alt sein müssen. Nach oben gibt es keine Grenze – ausser im Kanton Glarus: Standesvertreterinnen und Standesvertreter müssen das Amt mit 65 Jahren verlassen. (mk)
Zum Parlamentswörterbuch.