Die neue CGT-Chefin über Macron, Armut und Massenproteste
So will Binet Frankreich umkrempeln

Sie ist die erste Frau an der Spitze der französischen Gewerkschaft CGT. work traf Sophie Binet bei ihrem Blitzbesuch in Lausanne.

Sophie Binet (41) wurde im April dieses Jahres zur Vorsitzenden der zweitgrössten französischen Gewerkschaft, der CGT, gewählt. Als erste Frau an der Spitze der Organisation steht sie für die Erneuerung der Gewerkschaftsbewegung in Frankreich. Mit ihrer feministischen und ökologischen Agenda will sie die französische Gesellschaft aus der neoliberalen und autoritären Abwärtsspirale befreien. Etwa 150 Menschen wollten in Lausanne mehr über Binets Plan erfahren.

FRANKREICH AM ABGRUND

Binet war auf Einladung des SGB-Präsidenten Pierre-Yves Maillard am 22. September zu Gast in der Maison du Peuple in Lausanne. In ihrer Rede liess Binet keinen Zweifel an der dramatischen politischen Situation in Frankreich. Unter Präsident Emmanuel Ma­cron befinde sich das Land in einem dreifachen Notstand: sozial, ökologisch und vor allem demokratisch. Ein Drittel aller Französinnen und Franzosen könnten sich inzwischen keine drei Mahlzeiten pro Tag mehr leisten. Gleichzeitig sei Frankreich Europameister bei den Dividendenzahlungen ans Aktionariat. Die staatliche Gewalt habe in Frankreich ein neues, ungekanntes Niveau erreicht.

Frankreich befinde sich aber nicht nur wegen der Polizeigewalt in einer gravierenden demokratischen Krise. Die Rechtsex­tremen seien inzwischen die wichtigsten Alliierten von Emmanuel Ma­cron, was sich insbesondere auch bei den Medien zeige. So wurde das «Journal du Dimanche» kürzlich vom Rechtsaussen-Milliardär Vincent Bolloré übernommen und fast die ganze Zeitungsredaktion ausgewechselt.

Seit Anfang dieses Jahres verzeichnen Frankreichs Gewerkschaften bereits 150 000 Neuzugänge.

AUFBRUCH

Die Streikaktionen und Massenproteste gegen die Rentenreform im Frühjahr hätten die Erhöhung des Rentenalters zwar nicht verhindern können, aber die gewerkschaftliche Bewegung sei seither deutlich gestärkt. Seit Anfang des Jahres hätten sich 150 000 Menschen in Frankreich einer Gewerkschaft angeschlossen. Im Gespräch mit work zeigt sich Binet auch hoffnungsvoll über die Entwicklung bei der CGT: «Seit ich dabei bin, konnten wir den Frauenanteil bei der CGT von 35 Prozent auf 40 Prozent steigern.» Zudem würden auf allen Ebenen feministische Kollektive aufgebaut. Gerade die Frauenstreiks in der Schweiz hätten sie in dieser Hinsicht sehr inspiriert. Mit SGB-Chef Maillard habe sie auch die Zusammenarbeit bei Grenzgängerinnen und Grenzgängern, beim Service public und beim Umgang mit multinationalen Unternehmen besprochen.

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