Gesundheit, Familie und Qualität der Arbeit – alles leide unter dem Termindruck und dem Sparkurs der Chefs. Deshalb geht Büezer Mario Herbaum am 7. Oktober auf die Strasse.
KÄMPFERISCH III: Mario Herbaum weiss ganz genau, wovon er redet, wenn er sagt, was in der Branche gerade mächtig schieflaufe. (Foto: Urs Egger)
Wenn Mario Herbaum einmal loslegt, kommt er schnell in Fahrt. Kein Wunder! Der Sanitär-, Heizungs- und Klimafachmann aus Siebnen SZ hat am eigenen Leib erfahren, wohin der Termindruck in der Gebäudetechnikbranche führen kann. Es geschah auf einer Baustelle für ein Gemeindeschwimmbad – ausgerechnet an dem Tag, als Herbaum die Arbeiten ganz einstellen wollte. Wegen Sicherheitsbedenken! Herbaum war damals der Bauleiter und sah deshalb ganz genau, dass der Terminplan nicht mehr realistisch war. Erst recht nicht, als das Architekturbüro aufkreuzte und gestand, in der Planung eine ganze Etage vergessen zu haben. Die sollte nun aber auch noch rein – in der ursprünglichen Frist, versteht sich. Die Folge sei ein allgemeines Rumrennen und Stressen gewesen. Und dann geschah es.
«Die Firmen bewegen sich noch kaum. Wir müssen auf die Strasse!»
AUF BAUSTELLE FAST GESTORBEN
Ein Arbeiter im Obergeschoss musste in aller Eile Teerpappe verlegen. Für eine Arbeit, die normal drei Tage dauerte, hatte ihm der Chef nur einen Tag gegeben. Und so warf der Arbeiter die übriggebliebenen Teerpappenrollen einfach vom Obergeschoss hinunter, anstatt sie zu tragen. Prompt traf eine Rolle Herbaum am Kopf. Mit voller Wucht schlug sein Schädel gegen den Betonboden. «Dass ich überlebt habe, war pures Glück», sagt er heute. Dem Beruf ist Unia-Mitglied Herbaum trotzdem treu geblieben. Aber jetzt müsse sich endlich etwas ändern.
«Überstunden kumulieren sich wie blöd.»
RIESIGES ARBEITSVOLUMEN
Das Wichtigste sei eine realistische Planung: «Heute wird ja alles nur noch reingeklatscht, Hauptsache fertig!» Der Grund: «Die Firmen unterbieten sich ins Bodenlose.» Das führe nicht nur zu enormen Gefahren, sondern auch zu Pfusch. Zudem leide das Privatleben. Zumal die Firmen nur 30 Minuten Fahrtweg bezahlen würden. Dies, obwohl die meisten Berufskolleginnen und -kollegen täglich zwei Stunden im Auto verbrächten. Dazu kommen 8 Stunden auf der Baustelle – oft auch mehr. Denn: «Überstunden kumulieren sich bei uns wie blöd. Und Abbauen ist beim aktuellen Auftragsvolumen eigentlich unmöglich.» Für Familie und Privates bleibe da kaum mehr Zeit. Daher lautet Herbaums zweitwichtigste Forderung: «Volle Bezahlung der Reisezeiten!» Nur so werde die Branche wieder attraktiv. Was dringend nötig sei: «Ich hatte schon Bäcker, Metzger und sogar einen Bauchtänzer auf der Baustelle, und die liefen alle unter ‹Sanitärinstallateur›!» empört sich Herbaum. Überraschend komme der Personalnotstand aber nicht. Denn der Dauerstress lasse eine anständige Betreuung der Lernenden fast nicht mehr zu. Entsprechend fehle nun der Nachwuchs.
Klima-Demo in Bern
Heizungsinstalleur Lukas Tarczali erzählt, welche Auswirkungen die Klimakrise auf die Arbeit auf dem Bau hat – und wie wichtig seine Branche für die Energiewende ist. Alle an die nationale Klima-Demo in Bern, diesen Samstag um 14.00 Uhr!
DIE ANGST BESIEGEN
Auch bessere Löhne und eine Frühpensionierung gehören zu den Forderungen der Sanitäre und der Heizungsmonteurinnen. «Denn seien wir doch ehrlich», sagt Herbaum, «wer von uns Bauleuten schafft es heute noch bis zum regulären Renteneintritt?» Der Handlungsbedarf sei deshalb sehr gross. Bloss sehen das viele Arbeitgeber anders. Für Herbaum ist daher klar: «Die Firmen bewegen sich kaum. Deshalb müssen wir auf die Strasse. Um zu bekommen, was uns zusteht!» Sehen das seine Kolleginnen und Kollegen auch so? «Von der Analyse her auf jeden Fall», sagt Herbaum. Doch vielen fehle noch der Mut, sich zu engagieren. Genau hier liege aber der Schlüssel zum Erfolg: «Wir müssen die Angst besiegen. Dann wird das Unmögliche möglich!»