3 Prozent mehr Lohn für Coop-Verkäuferinnen Ina Auf der Maur und Esther Nervi
«Jetzt können wir ein bisschen dureschnuufe»

Es ist die höchste Lohnerhöhung seit Jahren: Coop-Verkäuferinnen und -Verkäufer erhalten den ­Teuerungsausgleich, endlich eine Reallohnerhöhung und höhere Mindestlöhne.

ZUFRIEDENE GESICHTER: Die Coop-Verkäuferinnen Ina Auf der Maur und Esther Nervi freuen sich über die Lohnerhöhung. (Fotos: Florian Bachmann)

Drei Prozent mehr Lohn! Das freut Ina Auf der Maur (43), Kassierin im Coop Adligenswil LU. Zwar bricht  jetzt nicht der Wohlstand aus. Aber mit den 140 Franken zusätzlich könne sie ein bisschen ­«dureschnuufe», wie sie sagt. Am Ende des Monats noch etwas im Portemonnaie haben «und nicht rechnen müssen, was ich in den Wagen lege, damit es reicht».

Es ist die höchste Lohnerhöhung bei Coop seit Jahren. Ab Januar steigen beim Grossverteiler alle Löhne bis 4800 Franken um 140 Franken. Für den tiefsten Coop-Lohn (derzeit 4100 Franken) sind das sogar 3,4 Prozent. Und damit deutlich mehr als die Teuerung, die dieses Jahr laut Seco-Pro­gnose bei 2,2 Prozent liegen wird.

Das sei «ein starkes Zeichen der Wertschätzung von Coop», sagt Auf der Maur. Wenn sie in den letzten zwei Monaten Kolleginnen oder Bekannten sagte, dass sie zusammen mit der Unia für bessere Löhne kämpfe, hörte sie oft: Du wirst sehen, das gibt sicher nur ein oder zwei Prozent. «Aber es sind drei! So, wie wir das zuvor als rote Linie festgelegt hatten.»

Laut Leena Schmitter, Co-Leiterin Detailhandel bei der Unia, kommt so die Mehrheit der Mitarbeitenden in den Genuss einer generellen Lohnerhöhung, «vor allem auch die langjährigen, die in den letzten Lohnrunden leer ausgegangen sind. Das haben sie nicht nur verdient, sie haben es sich hart erarbeitet.»

Es ist das erfolgreiche Ergebnis der Lohnverhandlungen zwischen den Gewerkschaften Unia und Syna, dem Kaufmännischen Verband (KV), dem Coop-Angestelltenverband (VdAC) und Coop. Für Löhne über 4800 Franken gibt es individuelle Lohnerhöhungen, im Schnitt 1,5 Prozent. Zudem steigen die Coop-Mindestlöhne an: Ungelernte haben ab nächstem Jahr mindestens 4200 Franken im Monat zugut, Mitarbeitende mit zweijähriger Lehre 4300, solche mit drei Jahren Lehre 4400 Franken.

«Die 140 Franken sind ein guter Anfang.»

COOP HALT NACH

Vor einem Jahr war Coop nur zu zwei Prozent Lohnerhöhung bereit. Das war weniger als die Teuerung von 2,8 Prozent und damit eine Reallohnkürzung. Kein Wunder, waren die Coop-Mitarbeitenden hässig. Unia, Syna und KV verweigerten geschlossen die Zustimmung.

Dieses Jahr war die Forderung der Unia-Branchenkonferenz klar: Coop muss die fehlenden 0,8 Prozent vom letzten Jahr nachholen plus mindestens die Teuerung 2023 ausgleichen. Das macht zusammen exakt drei Prozent. Eine von der Konferenz gewählte Begleitgruppe entschied wie bereits im letzten Jahr nach jeder Verhandlungsrunde über das weitere Vorgehen. Dieses Jahr war die Unia-Position sogar noch stärker demokratisch abgestützt: Nach zwei Verhandlungsrunden ohne Ergebnis organisierte die Unia am 26. September zehn regionale Versammlungen. Fast hundert Mitglieder machten mit. Und neun der zehn Regionen sagten Ja zur roten Linie von drei Prozent.

Für Anne Rubin, Co-Leiterin Detailhandel bei der Unia, war dies der entscheidende Moment: «Jetzt war allen klar: Weniger würde die Unia nicht akzeptieren.» Auch Syna, KV und Coop-Angestelltenverband zogen mit. Ende September war der Abschluss da. Und am 9. Oktober stimmten ihm die rund hundert Unia-Delegierten der Coop-Fachgruppe zu. Mit nur zwei Enthaltungen und ohne Gegenstimme.

Eine Erleichterung für Esther Nervi (55), Verkäuferin im Coop Reichenburg SZ. Als Mitglied der Begleitgruppe hatte sie ihren Kolleginnen und Kollegen ein Ja empfohlen. «Als ich dort vorne sass, habe ich schon ein bisschen gebibbert. Jetzt bin ich glücklich.» Fürs erste. Denn die tiefen Löhne im Detailhandel seien eigentlich eine Frechheit. Drum sagt sie: «Die 140 Franken sind ein guter Anfang. Nächstes Jahr müssen wir dafür sorgen, dass die Löhne mindestens wieder um so viel steigen. Dann kommt es langsam gut.»

IN FEIERLAUNE: Die Coop-Fachgruppe (Foto: Unia)

Coop: Immer mehr Verkäuferinnen wollen mitbestimmen

Bemerkenswert an der diesjährigen Coop-Lohnrunde ist nicht nur das Resultat. Es haben sich auch so viele Verkäuferinnen und Verkäufer engagiert wie lange nicht mehr. Eine davon ist Esther Nervi. Sie ist vor zwei Jahren in die Unia eingetreten. Dieses Jahr wurde sie in die Begleitgruppe gewählt. So nahe an den Verhandlungen dabei zu sein, sei eine «super Erfahrung» gewesen, sagt sie: «Dass ich als normale Mitarbeiterin über ­meinen Lohn mitbestimmen kann – das ist ge­nial!» Auch Leena Schmitter von der Unia freut sich: «An die Treffen der Coop-Fachgruppe kommen jetzt etwa dreimal so viele Mitglieder wie noch vor ein paar Jahren.»

MEHR DEMOKRATIE. Das ist kein Zufall. In den letzten drei, vier Jahren habe die Unia in allen Regionen konsequent das Netzwerk an Mitgliedern auf- und ausgebaut, so Schmitter. «So konnten wir neue Leute gewinnen, die sich jetzt in ihrem Betrieb für bessere Bedingungen starkmachen.»

Parallel dazu hat die Unia die demokratischen Strukturen ausgebaut: Eine Gruppe aus gewählten Mitgliedern begleitet sowohl die Lohn- als auch die GAV-Verhandlungen eng und legt Runde für Runde die Eckwerte fest. Dieses Jahr kamen noch regionale Versammlungen dazu (siehe Haupttext).

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