Rekordumsatz! Bei der Migros haben die Kassen letztes Jahr so laut geklingelt wie noch nie. Die Unia fordert höhere Löhne und mehr Personal.
AUF KOSTEN DES PERSONALS: Migros-Chef Mario Irminger verzeichnet Rekordumsätze, die Mitarbeitenden profitieren davon aber nicht. (Foto: Keystone)
Migros-Chef Mario Irminger ist mehr als zufrieden: 31,9 Milliarden Franken Umsatz schreibt die Migros-Gruppe fürs letzte Jahr. Im Schnitt sind das gut 60’000 Franken, die pro Minute in einer Kasse des orangen Riesen landeten. Rund um die Uhr. Und das ist mehr als je zuvor: Den Rekordumsatz von 2022 übertraf das Unternehmen erneut – um ganze 5,9 Prozent.
Für die Unia ist klar: Diese guten Ergebnisse müssen auch der Belegschaft zugute kommen. In Form von höheren Real- und Mindestlöhnen. Sowie einer Aufstockung des Personalbestands. Denn, so Leena Schmitter, Co-Leiterin Detailhandel bei der Unia: «Während die Kassen immer lauter klingeln, fordert die Migros ihren Mitarbeitenden immer mehr Leistung und Flexibilität ab. Und dies bei Löhnen, die sich an der Grenze zum Niedriglohn befinden.» Dass der Migros-Konzern gleichzeitig Milliardengewinne verbuche, sei «schlicht unanständig», sagt Schmitter. Umso mehr, da die Migros kürzlich beschlossen hat, das Rentenalter zu erhöhen. Bisher konnten sich alle, auch die Männer, mit 64 pensionieren lassen. Weil Frauen mit der AHV-Reform die Rente erst mit 65 erhalten, müssen bei der Migros neu auch die Männer ein Jahr länger arbeiten.
STREICHT MIGROS 2000 STELLEN?
2024 wird für die Mitarbeitenden noch einen weiteren gewaltigen Umbruch bringen. Die Migros-Spitze hat eine einschneidende Reform beschlossen. Bereits am 1. Januar hat eine neue Einheit namens «Supermarkt AG» den Betrieb aufgenommen. Mit ihr sollen die Super- und Fachmärkte «neu aufgestellt» werden, so Migros-Chef Irminger. Schlanker und profitabler sollen sie werden und Marktanteile zurückgewinnen. Auch die Industriebetriebe der Migros sollen umstrukturiert werden.
Welche konkreten Folgen das für die Mitarbeitenden hat, das will die Migros erst in ein paar Monaten öffentlich machen. Mit Verweis auf interne Quellen schreibt der «Blick» von 1800 bis 2200 Jobs, die abgebaut werden sollen. Unia-Frau Schmitter weiss: Die Unsicherheit bedrückt viele in der Migros. Sie fordert: «Der Umbau darf nicht auf Kosten der Mitarbeitenden in prekärsten Arbeitsverhältnissen gehen. Er darf keine Entlassungen und keine zusätzliche Arbeitsverdichtung mit sich bringen.»
KEIN GAV-SCHUTZ BEI DIGITEC
Dazu kommt: In der Migros-Gruppe ist immer weniger Personal dem Gesamtarbeitsvertrag (GAV) des Betriebs unterstellt. Besonders der stark wachsende Onlinehandel mit Migros Online und Digitec Galaxus (letztes Jahr plus 10,3 Prozent) ist ausgeklammert. Dabei liegt dort einiges im Argen: Digitec-Mitarbeitende berichteten im Sommer 2022 von Hektik, unerträglicher Hitze und dem Druck, immer wieder zusätzlich am Samstag arbeiten zu müssen (work berichtete).
Hier, so Anne Rubin, Co-Leiterin Detailhandel bei der Unia, wäre der Schutz durch einen guten GAV besonders nötig. Stattdessen verweigert sich die Migros einem Dialog mit der Unia, der grössten Gewerkschaft im Dienstleistungssektor. Für die vielen Unia-Mitglieder, die in Migros-Betrieben arbeiten, sei das «unverständlich», so Rubin: «Es ist ein Mangel an Respekt gegenüber ihren Anliegen. Seit Jahren fordern sie die Aufnahme in den GAV. Sie erwarten von der Migros, dass sie sich endlich mit der Unia an einen Tisch setzt.»