Laura Gonzalez Martinez ist Verkäuferin in Zürich und Gewerkschafterin.
Die Bundesrätin und Gegnerin der 13. AHV Elisabeth Baume-Schneider war kürzlich an einer Podiumsdiskussion in Zürich. Zusammen mit FDP-Vizepräsident Andri Silberschmidt, Befürworter der Erhöhung des Rentenalters. Gegenwind brachte SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard. Und ich? Ich stand draussen. Vor dem Eingang des Tamedia-Gebäudes, in dem diese Diskussion stattfand. Zusammen mit rund 25 Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern, die meisten von ihnen schon im Rentenalter.
VOLL. Wir standen also da, hielten unsere Plakate, die roten AHV-Koffer und die selbstgemachten Banner hoch und verteilten Flyer. Wir erhielten Zustimmung oder kassierten einige verständnislose Blicke und energisches Kopfschütteln. Eine Frau in Blau stand vor uns hin und rief: «Also, ich bin dagegen!» Da kam aus unserer Gruppe eine ältere Kollegin nach vorne und antwortete ihr selbstsicher: «Sie haben wohl den Bauch schon voll!» Damit hatte die Frau in Blau nicht gerechnet. Wer solle das denn finanzieren, fragte sie und verschwand ins Gebäude.
NICHT VOLL. Wir waren uns einig: Das war eine uncoole Reaktion. Zuerst die Meinung reinschreien und dann abhauen. Wir zogen noch eine halbe Stunde die Aufmerksamkeit des Sicherheitsdienstes auf uns, schliesslich war ja die Bundesrätin im Haus. Keine Ahnung, was die dachten. Dass wir mit den roten AHV-Kartonkoffern rumschmeissen? Ansonsten verlief die Aktion ruhig und wunderbar, und wir gingen wieder zurück ins Unia-Gebäude. Die Antwort meiner Kollegin hallte noch am nächsten Tag in meinem Kopf nach. Der Bauch ist eben nicht bei allen voll. Einige der Kolleginnen und Kollegen arbeiten noch Teilzeit, um die Rente aufzubessern, obwohl sie schon ihr Leben lang hart gearbeitet haben. Eine Generation, die sehr schlechte Arbeitsbedingungen erlebt hat. 260 000 Rentnerinnen und Rentner leben sogar unter dem Existenzminimum.
WUNDERVOLL! Was habe ich auf den Wahlsonntag hingefiebert, wir alle! Die Mühen meiner selbstbewussten, mutigen und starken Kolleginnen und Kollegen haben sich ausbezahlt. In den letzten Wochen haben wir ausdauernd und hartnäckig gekämpft. Diese Abstimmung war definitiv ein klares Zeichen. Wir wollen eine Veränderung, so dass alle den Bauch voll haben!