Junge und Alte schreiben gemeinsam Geschichte
Sie sind die Heldinnen und Helden der AHV-Abstimmung

Von der Moschee in Bern Bümpliz über die Zürcher SVP-Veranstaltung bis ins Glarnerland: Dem unermüdlichen Einsatz von Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern ist der historische AHV-Sieg zu verdanken.

DER ERFOLG HAT VIELE GESICHTER: Zahlreiche Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter standen für die 13. AHV-Rente im Einsatz. (Foto: Unia)

«Ich bin so glücklich, dass die Gewerkschaften das Volk überzeugen konnten», sagt Ursula Mattmann (77). Gewerkschafterin Mattmann hat sich unermüdlich für die AHV-Initiative eingesetzt. Sie sei sehr erleichtert, dass es den Gegnern der AHV-Vorlage nicht gelungen sei, die Jungen gegen die Alten auszuspielen. Das Heraufbeschwören eines Generationenkonflikts sei eine der grossen Frechheiten im Abstimmungskampf gewesen.

URSULA MATTMANN: Die Gewerkschafterin hat viel Zeit und Herzblut in den Abstimmungskampf investiert. (Foto: Nicolas Zonvi)

Von einem Generationenkonflikt will auch Noah Ziegler (25), Bauspengler und Mitglied der Unia Jugend, nichts wissen. Auch er hat Flyer verteilt, mit den Jungen gesprochen, und er war zusammen mit Ursula Mattmann in Kampagnen-Videos zu sehen. Er sagt: «Das Gute war, dass die AHV alle betrifft, also nicht nur die Linken.» Die steigenden Lebenskosten und Preise treiben die Leute um. Für ihn sei diese zusätzliche Rente das Mindeste: «Eigentlich war das ein politischer Abwehrkampf, und ich hoffe, dass wir den Abstimmungserfolg jetzt auch für neue offensivere Projekte nutzen können.»

NOAH ZIMMERMANN: Der 25Jährige warb unter anderem in Kampagnen-Videos für AHVx13. (Foto: Unia)

VON DER MOSCHEE IN BÜMPLIZ …

Sozialarbeiterin Emine Sariaslan (60) besuchte in den den Wochen vor der Abstimmung verschiedene migrantische Vereine: «Dort waren praktisch alle für den 13. AHV-Lohn.» Viele hätten aber Hemmungen, an Abstimmungen teilzunehmen. «Wir wollten den Leuten zeigen, dass ihre Teilhabe entscheidend ist, dass die AHV ein wichtiges Thema ist und dass sie selber auch von der 13. AHV-Rente profitieren können.»

EMINE SARIASLAN: Die Sozialarbeiterin (rechts) bewarb die Initiative bei zahlreichen migrantischen Vereinen. Das Bild zeigt sie beim Besuch der Moschee in Bümpliz. (Foto: zvg)

Die IG Unia Migration hat die Infos zur Abstimmung deshalb auch auf Portugiesisch, Albanisch und Türkisch übersetzt. «Wir standen vor dem Coop in Köniz und auch vor der Moschee in Bümpliz, wo wir viele albanischsprachige Leute erreichen konnten.»

… BIS ZUR SVP-VERSAMMLUNG IM ZÜRCHER UNTERLAND

In einem anderen Milieu bewegte sich Köbi Hauri (72), der Präsident IG Unia Rentner:innen. Auf Einladung der lokalen SVP-Sektion reiste er ins Zürcher Unterland. Der pensionierte Schreiner sagt: «Ich war das erste Mal an einer solchen SVP-Veranstaltung.» Am Anfang sei er ganz überrascht gewesen, wie viel Unterstützung er dort für seine Anliegen gespürt habe. «Doch mit der Zeit kamen dann auch die Argumente, die mich daran erinnerten, dass ich nicht bei der SP, sondern bei der SVP war.» Es sei gut, dass endlich auch mal etwas für die Schweizer gemacht würde und dass man weniger Geld in die Ukraine und sonst ins Ausland schicken solle, war dann wieder der gewohnte SVP-Grundtenor.

AUFKEIMENDE ALTERSRADIKALITÄT

Besonders enttäuscht war Hauri aber nicht von der SVP, sondern vom «Tages-Anzeiger». Er sei empört, dass dieser die gewerkschaftlichen Aktionen kaum beachtet und gegen die AHV angeschrieben habe. Wegen der Unterstützung der Nein-Kampagne habe er jetzt sein langjähriges «Tagi»-Abo gekündet und dafür die Wochenzeitung «WOZ» abonniert. Das sei vielleicht auch ein Zeichen von Altersradikalität, sagt Hauri lachend. Zusammen mit seinen pensionierten Kolleginnen und Kollegen vom Schweizerischen Eisenbahnerverband (SEV), von der Gewerkschaft Syndicom und vom VPOD hat Hauri zwei Demos mit Hunderten von Teilnehmerinnen und Teilnehmern in Bern organisiert (work berichtete).

KÖBI HAURI: Der Gewerkschafter bei der grossen Rentnerinnen- und Rentner-Demo auf dem Bundesplatz. (Foto: Manu Friederich)

Die altersradikalen Rentner sind auch viel rumgereist, zum Beispiel nach Glarus. Denn dort zählt wegen des Ständemehrs jede Stimme ein Vielfaches einer Stimme in Zürich, und es war unklar, in welche Richtung die Abstimmung im Kanton gehen würde. In Glarus haben am Schluss 56,4 Prozent zugestimmt und in der ganzen Schweiz 58,4 Prozent. Zu diesem historischen Sieg haben ganz besonders Menschen wie Emine Sariaslan, Köbi Hauri, Noah Ziegler und Ursula Mattmann beigetragen.

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