Lange rühmte sich die Migros, ein «soziales Unternehmen» zu sein. Doch das verfängt immer weniger. Mega-Stellenabbau und antigewerkschaftliche Blockade lassen das Unternehmen im neusten Firmen-Ranking absacken.
DA HILFT AUCH BETEN NICHTS MEHR: Migros-Boss Mario Irminger hat den Imageschaden mitzutragen. (Foto: Keystone)
Unia-Mitglieder sind nicht gut auf die Migros zu sprechen. Weil der Konzern das Erbe von Gründer Gottlieb Duttweiler nach eigenem Gusto interpretiert. Und sich weigert, mit der grössten Gewerkschaft der Schweiz an einen Tisch zu sitzen. Seit mittlerweile 20 Jahren.
Anfang Februar sorgte die Migros-Spitze für einen weiteren Tiefschlag. Sie kündigte an, bis zu 1500 Jobs streichen zu wollen. Zudem will sie Unternehmensbereiche wie M-Electronics, SportX und Hotelplan verkaufen, mit unabsehbaren Folgen für die Mitarbeitenden. Auch im grössten Stellenabbau der Firmengeschichte wollen die Migros-Chefs nichts von einem Treffen mit der Unia wissen.
DIE MIGROS STÜRZT VOM THRON
Jetzt zeigt sich: Nicht nur die Unia und ihre Mitglieder erwarten vom grössten privaten Arbeitgeber im Land, dass er seine Verantwortung besser wahrnehme. 3500 repräsentativ ausgewählte Personen sehen das genauso. Sie haben an der Umfrage zum Reputations-Ranking des Marktforschungsunternehmens GfK teilgenommen. Nicht mehr die Migros ist demnach die Schweizer Firma mit dem besten Ruf, sondern die Bezahl-App TWINT, vor dem Chips-Hersteller Zweifel.
Die Migros landete nur noch auf Rang drei. Und stürzt damit vom Thron, auf dem sie jahrelang fast unangefochten sass: In den letzten zehn Rankings belegte sie neunmal den ersten Platz, einmal den zweiten. Schlimmer noch: Laut GfK hat die Migros in der Umfrage vor allem im Kriterium der «gesellschaftlichen, ökonomischen und ökologischen Verantwortung» verloren. Dazu gehören unter anderem «Arbeitsplatzsicherung» und «attraktive Arbeitsbedingungen».
Gewinn trotz Mega-Abschreiber
Hoppla! Die Migros muss eine halbe Milliarde Franken abschreiben. Wegen «veränderter Marktbedingungen» habe man den Wert etwa von Immobilien, IT-Projekten und Beteiligungen nach unten berichtigen müssen, so Migros-Chef Mario Irminger an der Bilanzmedienkonferenz am 26. März. Trotz einem Rekordumsatz schreibt die Migros für letztes Jahr deshalb «nur» 175 Millionen Franken Gewinn. 2022 waren es 459 Millionen gewesen.
Leena Schmitter, Co-Verantwortliche Detailhandel bei der Unia, betont: «Die Migros steht auf einem soliden finanziellen Fundament.» Was die Rechte der Mitarbeitenden angehe, sei die Bilanz aber miserabel: Seit Jahren übe die Migros Druck aus, um die Leute von den Gewerkschaften fernzuhalten. Eine solche Haltung «völlig inakzeptabel», so Schmitter. Ihr Fazit: «Die Migros mag die Nummer eins im Schweizer Detailhandel sein – aber nicht bei den Grundrechten ihrer Mitarbeitenden!» (che)
Gut so, ist die Migros von diesem Sockel gestürzt. Dieses Image stimmt(e) schon lange nicht mehr. Da sie in ihrem Elfenbeinturm nur klare Botschaften verstehen hilft nur ein Boykott weiter. Als der Generation „Migros-Kind“ zugehörig ist das ein schmerzhafter Entscheid.