Der Hersteller von Präzisionsteilen aus Lyss BE will 70 Mitarbeitende entlassen und einen Teil der Produktion nach Tschechien verlagern. Für noch höhere Gewinnmargen zugunsten des Aktionariats.
PROFITEUR: Milliardär Michael Pieper ist im Mehrheitsbesitz der Feintool. (Foto: Keystone)
Wieder eine Hiobsbotschaft aus der Schweizer Industrie: Ende Mai kündigte Feintool die Entlassung von 70 Personen am Hauptsitz in Lyss BE und die Verlagerung eines Teils der Produktion nach Tschechien an. Als Grund nennt das Unternehmen mit weltweit 3200 Mitarbeitenden den starken Schweizer Franken und die gestiegenen Energiekosten in der Schweiz. Mit der Auslagerung erhofft sich das Unternehmen Einsparungen in der Höhe von sieben Millionen Franken pro Jahr.
FÜR GRÖSSEREN PROFIT
Die Feintool AG gehört mehrheitlich der Holdinggesellschaft Artemis Group, die vom Schweizer Milliardär Michael Pieper geführt wird. Die Massenentlassung und die Verlagerung nach Tschechien sind auch eine Folge des «konsequenten Kostensenkungsprogramms», das sich die Firma bis 2026 zum Ziel gesetzt hat. Denn eigentlich laufen die Geschäfte von Feintool gar nicht so schlecht. Beim Betriebsergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) weist das Unternehmen gar einen deutlichen Zuwachs von über 20 Prozent aus. Auch der Umsatz konnte 2023 gegenüber dem Vorjahr gesteigert werden (+1,7 Prozent). Die Produktivitätsrate ist ebenfalls um 7 Prozent gestiegen, deutlich mehr als die Lohnkosten. Und neu gewonnene Grossaufträge stimmen Feintool auch für die Zukunft zuversichtlich: Dank einem Mehrjahresauftrag eines amerikanischen Automobilkonzerns und der Grossbestellung eines Windkraftherstellers sind die Auftragsbücher von Feintool gut gefüllt.
SCHWÄCHELNDE EXPORTE
Doch trotz gesteigerter Produktivität gerät die Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM) mit ihren gesamthaft etwa 300 000 Mitarbeitenden immer stärker unter Druck. Auch im ersten Quartal 2024 reduzierten sich die Ausfuhren der MEM-Industrie um 8,5 Prozent, nachdem die Exporte bereits im Vorjahr schwächelten. Mit der jahrelangen Aufwertung des Schweizer Frankens nimmt die Wettbewerbsfähigkeit der exportabhängigen Branche ab, und es fehlt der politische Wille, den Industriestandort Schweiz währungspolitisch zu entlasten und industriepolitisch zu fördern. Swissmem, der Branchenverband der Schweizer MEM-Industrie, sieht lediglich Handlungsbedarf bei der Sicherung der Stromversorgung und neuen bilateralen Verträgen mit der EU.