Mexiko: Kaffeeproduzenten wehren sich gegen den Heuchler-Konzern
«Wir sind die Sklaven von Nestlé»

Nestlé verspicht, Kaffee ab 2025 nur noch aus «verantwortungsvoller» Produktion zu beziehen. Die Menschenrechtsorganisation Public Eye hat jetzt aufgedeckt, was wirklich hinter diesem heuchlerischen Versprechen der weltweiten Nummer eins im Kaffeegeschäft steckt.

Vor über 10 Jahren versprach das Imagevideo von Nestlé den Bäuerinnen und Bauern in Mexiko ein lukratives Geschäft. Kaffeebauer Eduardo Camarena sprach darin über «die beste Entscheidung» seines Lebens. Jetzt, neun Jahre später, nimmt er an den wütenden Bauernprotesten gegen Nestlé teil. Was ist passiert?

«Nescafé Plan – eine dauerhafte Partnerschaft zwischen Nescafé und Kaffeebauern», so das Versprechen zwischen Nestlé mit Bauer Eduardo Camarena von 2015.

Unfaire Preise 

Im Januar 2024 trafen sich die lokalen Bauern, um einen Protestbrief an Nestlé zu verfassen. 
Der Preis der Kaffeesorte Robusta sei an der Börse um 50 Prozent auf den höchsten Wert seit über 30 Jahren gestiegen. Nestlé erklärte den Kaufpreis für die Kaffeebohnen immer mit den «internationalen Märkten». Doch was Nestlé dieses Jahr den Kaffeeproduzenten in Mexiko bezahlt, liegt deutlich unter dem Vorjahrespreis. Pro Kilogramm erhielten die Bauern 26 mexikanische Pesos, das sind knapp 1.30 Franken. Laut den Bauern sind 35 Pesos pro Kilogramm (1.80 Franken) das mindeste, um die effektiven Produktionskosten decken zu können. Damit wird klar, dass Nestlé die Preise nur dann dem Markt anpasst, wenn sie sinken.

Die Kaffeeregion in Mexiko

Im südlichen Bundesstaat Chiapas wird am meisten Kaffee produziert. Gleichzeitig gehört Chiapas auch zum ärmsten Bundesstaat Mexikos. Rund 180’000 Bäuerinnen und Bauern sind dort für 40 Prozent der nationalen Kaffeeproduktion verantwortlich.

Leere Versprechungen 

Das wollten sich die Bäuerinnen und Bauern nicht bieten lassen. Im Februar 2024 protestierten sie gegen den Lebensmittelgiganten. Rund 200 Bäuerinnen und Bauern gingen in der Stadt Tapachula (Chiapas) auf die Strasse. Die Menschen beklagten, dass Nestlé grosse Versprechungen gemacht habe, diese aber nicht einhalte. Nestlé-Agronomen hätten ihnen beteuert, sie würden die lokalen Bauern unterstützen, wenn sie die Kaffeesorte Robusta anstelle von Arabica-Sorten anpflanzen würden. Die Sorte Robusta nutzt Nestlé für die Produktion des Nescafé-Pulverkaffees. Kaffee aus Arabica-Bohnen gilt aufgrund des feinen Säureprofils als qualitativ hochwertiger als Robusta-Kaffee. Schnell stellt sich heraus: Durch die schlechtere Qualität der Robusta-Sorte erzielt diese dementsprechend einen geringeren Preis. Alles zugunsten von Nestlé.

PROTEST IN TAPACHULA: «Nestlé – Unternehmen ohne Ethik – treibt Chiapas in die Armut», Banner an der Demonstration in Tapachula (Bild: Damián Sánchez/Public Eye)

Der Grosskonzern hat durch die Umstellung auf Robusta die Bauern abhängig gemacht. Denn ausser Nestlé will in der Region kaum ein anderes Unternehmen den «Billig-Kaffee» kaufen. So zitiert Public Eye einen lokalen Bauern:

Wir leben vom Kaffee, wir haben Familien zu ernähren! Aber mit dem Preis, den uns Nestlé zahlt, geht es nicht auf. Faktisch sind wir Sklaven von Nestlé

Zusätzlich zum tiefen Preis machen sich die Bauern Sorgen wegen der stark gestiegenen Produktions- und Lebenshaltungskosten. Durch die tiefen Preise von Nestlé gelangen viele in eine Armutsspirale mit verheerenden Folgen: unzureichende Gesundheitsversorgung, Kinderarbeit, fehlende Bildungschancen bis zu saisonaler Ernährungsunsicherheit.

STREIK IN MEXIKO: Vor den Kameras der lokalen Medien verbrennen die Streikenden Nescafé-Plan-Kaffeesäcke. (Bild: Damián Sánchez/Public Eye)

Die Reaktion von Nestlé

Nestlé ignorierte die Proteste der Kaffeebauern, bis es nicht mehr ging. Dann versprach ein lokaler Regierungsvertreter den Protestierenden ein Gespräch mit Nestlé. Am Treffen, zehn Tage später, war jedoch niemand von der Einkaufsabteilung von Nestlé anwesend und diejenigen die anwesend waren, durften nicht über die Kaufpreise entscheiden. Nach weiteren drei Tagen dann die offizielle Antwort von Nestlé auf die Preisforderung: «Nein.»

Diese Antwort war ein grosser Dämpfer für die Bäuerinnen und Bauern von Chiapas. Es geht schliesslich um ihre Existenz. Viele fühlen sich nun gezwungen ihren Kaffee trotzdem an Nestlé zu verkaufen, um ihre Schulden und ihren Lebensunterhalt finanzieren zu können. Doch der Kampf ist noch nicht vorbei! Laut Public Eye wollen sich viele Kaffeebauern bis zur nächsten Ernte besser organisieren, um weiter für ihre Rechte zu kämpfen.  

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