SVP, FDP, GLP und Mitte scheitern kläglich mit Anti-Mindestlohn-Referendum
Die Mindestlohn-Welle rollt – jetzt auch in Luzern!

Rund 3000 Menschen erhalten in der Stadt Luzern für einen 100-Prozent-Job weniger als 4000 Franken im Monat. Sie können ein bisschen aufatmen. Denn die bürgerliche Attacke gegen einen städtischen Mindestlohn scheiterte kläglich.

EIN LOHN ZUM LEBEN. Das fordern die Gewerkschaften mit einer Mindestlohn­kampagne. (Foto: Unia)

Die Stadt Luzern hat über 53 000 Stimmberechtigte. Davon hätten gerade mal 1,5 Prozent unterschreiben müssen, damit das Volk über den vom Parlament gegen den Willen der Regierung beschlossenen städtischen Mindestlohn hätte abstimmen können. Der städtische Mindestlohn geht auf eine Initiative der Juso zurück. Die Initiative «Existenzsichernde Löhne jetzt!» wurde im März 2023 eingereicht. Sie verlangt einen Mindestlohn von Fr. 22.– brutto für alle, die in der Stadt Luzern arbeiten. Bisher arbeiten hier rund 3000 Menschen für weniger als 4000 Franken im Monat.  Frauen sind von den zu tiefen Löhnen doppelt so häufig betroffen. Der Luzerner Mindestlohn soll laufend an die Teuerung angepasst werden und damit auch in Zukunft einen minimalen Lebensstandard sichern. Doch gegen einen Lohn, der bei einem 100-Prozent-Pensum zum Leben reicht, sind – wie immer – die rechten Parteien SVP, FDP, GLP und Mitte angetreten. Und natürlich die Wirtschaftsverbände. 

Historisch

Die Juso reichte ihre Initiative mit einem ausgearbeiteten Reglement ein. Diese wurde vom städtischen Parlament hauchknapp mit 24 zu 23 Stimmen angenommen. Das kam in der jüngeren Geschichte noch nie vor. SP-Parlamentarier Claudio Soldati sagte nach der Abstimmung kurz und knapp: «Die Juso schreiben Geschichte!» Initiativen mit ausgearbeitetem Reglement unterstehen in Luzern «nur» dem fakultativen Referendum. Die vereinigten rechten Parteien, unterstützt von vier Wirtschaftsverbänden, schafften es jedoch trotz geballter Finanzkraft nicht, innert 90 Tagen die 800 nötigen Unterschriften zu sammeln. Sie traten mit dem ebenso martialischen wie abgelutschten Slogan «Gegen das städtische Lohndiktat» an. Dieser verfing schon in Winterthur und Zürich nicht. Auch dort sagte das Volk deutlich Ja zu städtischen Mindestlöhnen. Diese sind aber noch nicht in Kraft, weil die Hungerlohn-Koalition die Umsetzung des Volkswillens mit rechtlichen Mätzchen verzögert. Ob die Luzerner Verlierer jetzt das gleiche tun wollen, ist noch offen. Aber gut möglich. Denn trotz eindeutigen Gerichtsentscheiden und diversen Gutachten – auch die Luzerner Stadtregierung liess ein weiteres erstellen – prozessieren die Mindestlohn-Gegnerinnen und -Gegner regelmässig gegen Parlaments- und Volksentscheide. Die Chancen tendieren zwar gegen null, aber sie können mit ihrem Geld dafür sorgen, dass verantwortungslose Firmen noch Monate oder Jahre Hungerlöhne bezahlen können.

Die Juso-Initiative «Existenzsichernde Löhne jetzt!». (Foto: Juso Luzern)

Es geht voran

Arbeitgeber-Ideologen und rechte Parteien wollen keine Mindestlöhne. Nicht in Gesamtarbeitsverträgen, nicht in der Bundesverfassung, nicht in Kantonsverfassungen, nicht in Städten. Geht es um nationale Mindestlöhne, sehen sie den Föderalismus verletzt. Und neuerdings die Gesamtarbeitsverträge bedroht. Geht’s um kantonale Mindestlöhne, sehen sie die Kantone gegenüber Nachbarkantonen benachteiligt. Und geht es um städtische Mindestlöhne, sehen sie die Städte gegenüber den Agglomerationsgemeinden benachteiligt. 

25 Jahre Kampagne

Die Stadt Luzern ist ein weiterer Zwischenerfolg auf dem Weg zum Ziel: «Ein Lohn muss zum Leben reichen». Seit 25 Jahren führen die Gewerkschaften eine Mindestlohn-Kampagne. Und konnte dabei einiges bewegen – in den Betrieben, in den Branchen und in der Politik. Doch trotz vielen Erfolgen sind tiefe und tiefste Löhne in der Schweiz immer noch ein drängendes Problem. 6 Prozent aller Lohnabhängigen verdienen immer noch weniger als 4000 Franken im Monat für einen Vollzeitjob. Bei den Frauen sind es gar 9 Prozent. Und es sind längst nicht nur serbelnde Kleinbetriebe, die solche gschämigen Löhne bezahlen, sondern zum Beispiel auch ­Luxushotelketten und Modekonzerne, die ihre Besitzerinnen und Besitzer zu Multimillionären machen.

Dieses Jahr haben die Gewerkschaften ihre Zielsetzungen für die kommenden Jahre aktualisiert: keine Löhne unter 4500 Franken und mindestens 5000 Franken für Menschen mit Lehrabschluss. Der gewerkschaftliche Kampf für Löhne, die zum Leben reichen, geht weiter. In den Betrieben, in den Branchen und in der Politik. 

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