Basler Gewerkschaftsbund hat genug
Polizeidirektorin Eymann soll weg!

Am 1. Mai 2023 griff die Basler Polizei brutal in den friedlichen Demozug ein. Die Aufarbeitung schieben die Behörden weiter vor sich her. Jetzt fordern die Basler Gewerkschaften den Rücktritt der verantwortlichen Regierungsrätin Stephanie Eymann.

UNTÄTIG: Polizeidirektorin Stephanie Eymann macht keine Anstalten, den Brutalo-Einsatz der Basler Polizei an der letztjährigen 1. Mai-Demo aufzuarbeiten. (Foto: Keystone)

Der 1. Mai 2023 blieb den rund 2000 Demonstrantinnen und Demonstranten in Basel in gewaltvoller Erinnerung. Mit Brutalomethoden griff die Polizei in die bewilligte und friedliche Kundgebung ein (work berichtete).

Schon nach etwa 200 Metern stürmten Polizisten in Vollmontur durch den friedlich spazierenden Demonstrationszug. Während die Spitze mit den autonomen Gruppen bei der Elisabethenkirche eingekesselt wurde, hielt die Polizei die restlichen Demonstrantinnen und Demonstranten zurück. Darunter viele Schutzbedürftige, wie etwa kleine Kinder oder ältere Personen. Der Kessel wurde erst nach einem stundenlangen Kontrollprozedere aufgelöst. Zudem setzten mehrere Polizisten willkürlich Pfefferspray gegen die Demonstrierenden ein.

BRUTALO-METHODEN: Die Basler Polizei stoppte am 1. Mai die bewilligte Demo von Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, Sans-papiers, Jugendlichen, Familien mit Kindern und älterem Publikum – mit Gummischrot und Tränengas. (Foto: Keystone)

Geschädigte warten seit 15 Monaten

Seither kämpfen die Basler Gewerkschaften mit über 60 Betroffenen um Gerechtigkeit. Und sie fordern eine professionelle und unabhängige Aufarbeitung des Polizeieinsatzes. Doch diese Forderung wird von den Behörden unter der Leitung von Regierungsrätin Stephanie Eymann (LDP) seit 15 Monaten ignoriert. Nun haben die Betroffenen genug. In einer Medienmitteilung vom 28. August fordert der Gewerkschaftsbund beider Basel den sofortigen Rücktritt Eymanns. Ihre «Untätigkeit und der Mangel an Verantwortung» seien nicht länger tragbar. Die Einwohner der Region Basel hätten ein Recht auf transparente und gerechte Verfahren sowie auf eine Polizei, die ihre demokratischen Grundrechte schützt, so der Gewerkschaftsbund. Ausserdem habe die Basler Polizei – trotz anderslautenden Versprechungen – noch immer keine Feststellungsverfügungen erlassen. Und ohne solche Verfügungen könnten die Geschädigten keine weiteren juristischen Schritte einleiten.

Eymann weicht schon wieder aus

Was sagt Polizeivorsteherin Eymann zu den Rücktrittsforderungen gegen sie? Selber gar nichts. Auf eine work-Anfrage lässt sie die Medienstelle ihres Departements antworten. Und diese schreibt:

Auf die Person zu spielen zeugt nicht von einer sachlichen Auseinandersetzung.

Zudem sei der 1.-Mai-Einsatz «medial und politisch» schon «x-mal aufgearbeitet» worden. Gar keine Antwort gibt es auf die Frage, warum noch immer keine Feststellungsverfügungen vorliegen. Man wolle dem parlamentarischen Prozess nicht vorgreifen, begründet die Medienstelle ihr Schweigen. Gemeint ist eine Anfrage von SP-Kantonsrat und Anwalt René Brigger. Dieser will von der Regierung unter anderem wissen, ob sie die Polizeieinsätze gegen den 1. Mai 2023 und gegen die «Basel nazifrei»-Demo von 2018 immer noch für gerechtfertigt hält. Und wie viel die entsprechenden juristischen Nachbereitungen gekostet haben. Doch eine Frage zu den Feststellungsverfügungen stellte Brigger nicht. Eymanns Departement weicht also schon wieder aus.

Massnahmen als «Farce»

Lucien Robischon sieht sich deshalb nur bestätigt. Der Unia-Sekretär und Co-Präsident des Basler Gewerkschaftsbundes sagt:

Dass die Verfügungen nach anderthalb Jahren noch immer nicht vorhanden sind, ist inakzeptabel! Unter der Leitung von Regierungsrätin Eymann gibt es kein Bestreben, diese Missstände juristisch aufzuarbeiten. Sie lehnt eine externe Untersuchung ab und verzögert die Aufarbeitung.

Die Basler Gewerkschaften aber erwarteten von der Regierung wie auch von der Polizei, dass die Grundrechte eingehalten werden und friedliche Protestierende nicht grundlos über mehrere Stunden festgehalten und eingekesselt werden.

Robischon sagt zu work, dass die vergangene, friedliche 1.-Mai-Demo in Basel nur mit viel Aufwand und Dialog seitens des Gewerkschaftsbundes zustande gekommen sei. Dass nun die Aufarbeitung der Polizeigewalt verzögert wird, zeige, «dass diese Massnahmen bis dato eine Farce sind».

Übelster Rassismus und Sexismus: Externe Untersuchung entlarvt Basler Polizei

Die Basler Polizei versagt nicht nur mit unverhältnismässigen Einsätzen an diversen Demos, sondern auch intern brodelt es gewaltig. Eine Ende Juni veröffentlichte externe Untersuchung von Strafrechtsprofessor Markus Schefer und der niedersächsischen Polizeidirektorin Claudia Puglisi zeigt die massiven Missstände bei der Basler Kantonspolizei. Im Polizeirevier herrscht demnach dicke Luft, der Arbeitsalltag der Polizistinnen und Polizisten ist geprägt von einer Angstkultur und Abstrafungen. In 372 Einzelinterviews mit den Angestellten berichten die Gutachter auch von Sexismus und Rassismus.

AFFENLAUTE. So wurden Polizistinnen von Kollegen und Vorgesetzten als «Fotze», «Scheissweib» und «Matratze» beschimpft. In diversen Polizeiposten wurden Bilder von Polizeischülerinnen aufgehängt. Diese wurden als «fickbar» oder «unfickbar» eingeteilt. Und den Rassismus nehmen die Polizeibeamten aus Basel offenbar mit auf Patrouille. Eine Recherche der «WOZ» zeigt: Vorgesetzte ordneten «N****fangis» an, wobei gezielt dunkelhäutige Menschen kontrolliert wurden. Und intern wurden dunkelhäutige Kolleginnen und Kollegen mit Affenlauten belästigt.

Stephanie Eymann hat nach der Veröffentlichung des Berichts den Polizeikommandanten freigestellt, diverse Kader ausgewechselt und eine externe Meldestelle für diskriminierendes Verhalten versprochen.

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