Rohstoffmulti entledigt sich seiner Verantwortung
Glencore verkauft Problemmine zu einem Spottpreis

Eigentlich hätte sich Glencore beim Seco für seine gewerkschaftsfeindlichen Methoden verantworten müssen. Doch mit einem perfiden Schachzug schafft sich der Rohstoffmulti dieses Problem vom Hals. 

DEIN GELD TÖTET: Klare Botschaft an die Adresse von Glencore anlässlich der letztjährigen Generalversammlung des Rohstoffhändlers in Zug. (Foto: Keystone)

Das Peruanische Glencore-Tochterunternehmen Volcan weigert sich seit mehreren Jahren, mit der lokalen Gewerkschaft zu verhandeln und missachtet die Rechte der Minenarbeiterinnen und -arbeiter. (work berichtete) Deshalb reichten der holländische Gewerkschafts-Dachverband CNV und der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) zusammen mit dem Solidaritätsfonds Solifonds 2023 eine Eingabe gegen Glencore beim Staatsekretariat für Wirtschaft (Seco) ein. 

Seltsame Nähe

Das Seco hat jetzt aber entschieden, das Verfahren nicht weiterzuführen. Der Grund: Der Rohstoffmulti hat seine Anteile an Volcan im Mai dieses Jahres verkauft. Zu einem Spottpreis von 20 Millionen US-Dollar. 2017 hatte der Zuger Rohstoffkonzern noch 734 Millionen US-Dollar für den Einstieg bei Volcan bezahlt. Als Gründe für den Verkauf nennt Glencore lediglich die «Portfolio-Optimierungsstrategie», die bereits vor einigen Jahren beschlossen worden sei.   

STEIN DES ANSTOSSES: Das Bild zeigt die Alpamarca-Mine in Peru, eine von mehreren Minen, die von Volcan betrieben wird. (Foto: volcan.com)

Die neue Besitzerin des Peruanischen Minenkonzerns ist eine Finanzgesellschaft des 69jährigen Argentiniers José Luis Manzano, der in Genf lebt und bereits zum zweiten Mal ein Minenunternehmen von Glencore übernimmt. Auf Anfrage von work teilt Glencore mit, dass der Konzern weiterhin Metalle aus den Minen von Volcan kaufe. Zu welchen Konditionen dies geschieht, bleibt jedoch unklar. Auch geographisch besteht nach wie vor ein enges Verhältnis. Auf der Plattform LinkedIn gibt Volcan-Konzernchef Luis Herrera an, noch immer in Zug zu wohnen.

Zahnloser Tiger

Urs Sekinger hat die Eingabe gegen Glencore für den Solifonds begleitet. Für ihn zeigt der Fall, dass die aktuellen Klage- und Sanktionsmöglichkeiten gegen Konzerne in der Schweiz völlig ungenügend sind. Er sagt:

Für Vergehen in der Vergangenheit kann Glencore nicht belangt werden und mit dem Verkauf sind sie raus aus der Verantwortung.

Der beim Seco angesiedelte «Kontaktpunkt für verantwortungsvolles unternehmerischen Handeln» sei ein zahnloser Tiger. In Peru laufe ebenfalls ein Verfahren bei einem solchen nationalen Kontaktpunkt. Doch dieses komme nicht vom Fleck und die betroffene Gewerkschaft in Peru kämpfe inzwischen ums Überleben, weil Volcan die Gewerkschaft weiterhin nicht als Vertragspartner akzeptiert und juristisch bekämpft, sagt Sekinger.

Konzernverantwortung 2.0

Isabelle Bamert, Vorstandsmitglied der Koalition für Konzernverantwortung, ist überzeugt, dass es in der Schweiz eine Gesetzgebung nach dem Vorbild der EU braucht. Sie sagt:

Unter der Konzernverantwortungsrichtlinie der EU können Konzerne sich nicht einfach ihrer Verantwortung entziehen, indem sie eine solche Mine abstossen.

Um Konzerne wie Glencore zur Einhaltung der Menschenrechte zu bewegen, brauche es eine Neuauflage der Konzernverantwortungsinitiative. Und ein solche ist in Planung: Die neue Initiative wird im Januar 2025 lanciert.

UBS investiert in Gefängnis-Gewalt: Beschwerde eingereicht

Die Nonprofitorganisation «BankTrack» aus den Niederlanden und zwei US-Organisationen haben beim Seco eine Beschwerde eingereicht. Grund sind die Investitionen der Grossbank UBS und der Schweizerischen Nationalbank bei den beiden grössten privaten Betreiberfirmen von US-Gefängnissen, CoreCivic und GEO Group. In den von diesen Firmen betriebenen Gefängnissen kam es zu Gewalt und Missbrauch gegenüber Migrantinnen und anderen Personen. Der nationale Kontaktpunkt des Seco hat die Beschwerde geprüft und die Aufnahme einer Mediation empfohlen. (isc)

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