Künzi wählt
Katze statt Amerika

Foto: Yves Thomi

Bei uns hat man früher amigs auch gesagt, die «Tschingge» würden unsere Katzen fressen. Krass oder? Ich liebe Büsi. Ich habe keine Kinder, aber zwei Büsi. Okay, es sind zwei fette Kater, und es wären zwei prächtige Sonntagsbraten. Die Tierärztin hat gesagt, ich muss sie auf Diät setzen. Aber die hat keine Ahnung. Das ist, wie wenn man dem Team von Trump sagen würde: «Jetzt sorgt endlich ­dafür, dass der nicht mehr so viel Seich ­erzählt!» Chancenlos.

RICHTIGE FRAU

Eine von meinen Katzen, de Schnüfeli, geht immer zu meinem Nachbarn Tinu. Ich bin also zu Tinu, um ihm zu sagen, dass er den Schnüfeli auf keinen Fall füttern darf. Aber Tinu zischte: «Ich lass mir nichts sagen von einer kinderlosen Frau!» Ich dachte, ich hör nicht recht. «Hey Tinu, schliifts?» Dann bin ich in einfach rein und auf seine Couch gesessen. Es war ihm gar nicht wohl. Er sagte, er sei halt ein verunsicherter junger Mann, und er finde es komisch, dass ich zwei Katzen habe und keine Kinder. «Du hast ja auch keine Kinder und nicht mal eigene Katzen! Und vierzig ist nicht mehr jung!» Ja eben! Er wolle schon lange eine Frau, aber eine richtige. Eine, die den Haushalt schön mache, so mit dekorieren und so, die für die Kinder schaue und gut aussehe und nett und fröhlich sei, vor allem fröhlich. Das wünsche er sich so fest, aber hier ­finde er einfach keine. Wie beruhigend, dachte ich. Dann setzte er sich, und Schnüfeli legte sich sofort zu ihm.

TRAU TRUMP

In Amerika, da gebe es viele junge Frauen, die einfach wieder normale Hausfrau sein wollen, sagte Tinu und zeigte mir Tiktok-Bilder davon (#tradwives). Und deshalb will er nach Amerika. Aber nur, wenn Trump gewählt wird. Diese kinder­lose Kamala mit ihrem geschliffenen Mundwerk, das mache einem doch Angst. In so einer Welt, da hätten Männer wie er keine Chance mehr. «Sie
nehmen uns die Arbeit und Würde weg!» Und nur Trump traue sich, das laut zu sagen.

O GOTT

Schnüfeli begann laut zu schnurren. Was sollte ich jetzt tun? Ich bin ja nicht Psychologin. Und ich kann ja jetzt nicht Kinder machen, nur damit es dem Tinu besser geht, oder? Mir fiel nichts Besseres ein als: «Tinu, ich glaube, Schnüfeli würde das nicht verkraften, wenn du weggehst!» Tinu schaute mich an: «Meinst du?» Ich nickte und ­sagte ihm, Schnüfeli sei eigentlich sowieso seine Katze, also gefühlsmässig. Er strahlte. Ich bin echt nicht gläubig, aber in dem Moment dachte ich, ­lieber Gott, mach, dass all die frustrierten, verun­sicherten Männer in Amerika die Wahl verpennen und Trump nicht gewählt wird, BITTE BITTE BITTE! Noch 40 Tage!

Sandra Künzi lebt und büglet in Bern. Sie mag Jassen, Schafe, Feuer und Bier. Zurzeit ist sie freiwillige, nicht ganz unabhängige Beobachterin des Wahlkampfes in den USA. Direkt aus dem Schweizer Wohnzimmer.

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