Andreas Rieger
Kinderarbeit in den Minen von Afrika. Vertreibung von Ureinwohnerinnen und Ureinwohnern in Südamerika. Sklavenähnliche Arbeitsverhältnisse in Asien. Schweizer Multis waren in den letzten Jahren immer wieder in solche Skandalgeschichten verwickelt. Negativschlagzeilen machte, neben vielen anderen, auch immer wieder der Rohstoffkonzern Glencore mit Sitz in Zug. Meist gab sich das Mutterhaus ahnungslos. Verantwortlich fühlten sich Glencore & Co. nie.
MENSCHENRECHTE. Die Konzernverantwortungsinitiative, die auch die Unia und der Gewerkschaftsbund unterstützen, verlangt für Grossunternehmen eine gesetzliche Pflicht zur umfassenden Sorgfaltsprüfung. Davon wollen die Spitzen vieler Schweizer Multis nichts wissen.
Wollen die Schweizer Multis zur
Vernunft gezwungen werden?
Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse läuft derzeit Sturm gegen die Initiative: Sie betreibe «Klassenkampf» und schaffe neue «Bürokratien». Und sei gar nicht nötig, denn die Konzerne würden selber vorsorgen, mit freiwilligen Verhaltensregeln. Wir kennen diese aus ihren Hochglanzbroschüren. Paradox: Geht es um den internationalen Schutz von Eigentumsrechten der Multis, verlangen diese von den Staaten zwingende Gesetze und Verträge. Geht es aber um Menschenrechte, wollen sie nur Regeln nach eigenem Gusto. Da soll der Staat draussen bleiben.
SCHWARZE LISTEN. Inzwischen gibt es in Europa immer mehr verbindliche Regulierungen. In Frankreich wurde eine umfassende Sorgfaltsprüfung für Unternehmen Gesetz. Sie ist vergleichbar mit der Konzernverantwortungsinitiative in der Schweiz. In den Niederlanden verlangt ein Gesetz eine Sorgfaltsprüfung bezüglich Kinderarbeit. Komisch, da sind Multis wie Nestlé dafür! EU-weit gilt bereits eine Sorgfaltspflicht bei «Konflikt-Mineralien» wie zum Beispiel Diamanten. Und in Grossbritannien gibt es ein Gesetz gegen moderne Sklaverei. Chantal Peyer vom Vorstand der Konzerninitiative konstatiert: «Der internationale Trend geht klar Richtung gesetzliche Sorgfaltspflicht.»
Wollen die Schweizer Multis wirklich erneut auf grauen und schwarzen Listen landen und schliesslich vom Ausland zur Vernunft gezwungen werden, bevor sie handeln? So wie die Banken bei Geldwäscherei und Bankgeheimnis?
Andreas Rieger ist Unia-Sekretär und vertritt den SGB im Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB).