Lohnverhandlungen
Die Baumeister machen ein Alibi-Angebot – Büezer reagieren mit Protestpausen

Die Unia fordert 250 Franken mehr für alle Bauleute. Die ­Meister bieten 30 Fränkli – und ­wollen den Büezern mehr Lohn für die Frührente abknöpfen.

250 FRANKEN MEHR LOHN: In ihrer Protestpause machen die Büezer in Zürich klar, dass sie sich nicht mit Peanuts abspeisen lassen. (Foto: Unia)

Ein goldiges Nüüteli – so viel legte der Baumeisterverband noch in der ersten Runde der diesjährigen Lohnverhandlungen fürs Bauhauptgewerbe auf den Tisch. Als ob es weder einen Bauboom noch einen Fachkräftemangel noch ­stetig steigende Lebenskosten gäbe! Am 10. Oktober fand nun die zweite Ver­hand­lungsrunde statt, und diesmal machten die Meister ein erstes Angebot. Es lautet: 0,5 Prozent mehr Lohn für alle und eine Erhöhung der Gesamtlohnsumme um 1 Prozent. Chris Kelley von der Unia-Sektorleitung Bau ist enttäuscht:

Dieses Angebot kompensiert nicht einmal die Hälfte der Teuerung!

Unia-Mann Chris Kelley. (Foto: Unia)

Konkret ergäben 0,5 Prozent mehr – gemessen am Durchschnittslohn – eine Mini-Erhöhung von rund 30 Franken. Doch: «Bei der aktuellen Teuerung von 1,2 Prozent würde dies einen weiteren Reallohnverlust von 0,7 Prozent bedeuten», rechnet Kelley vor. Auch die an­gebotene Erhöhung der Gesamtlohnsumme habe einen Haken. Denn die ­Firmen könnten die Summe völlig willkürlich auf Einzelne verteilen.

Auch auf den Baustellen kommt das Alibi-Angebot der Baumeister gar nicht gut an. In Basel und Zürich haben Bauarbeiter aus Protest ihre Mittagspausen verlängert. In Bellinzona haben sie ihren Frust trotz strömenden Regen auf die Strasse getragen. Und in Genf haben 150 Büezer über Mittag einen öffentlichen Platz besetzt und ein «Protest-Barbecue» veranstaltet. Weitere Aktionen werden in den kommenden Tagen erwartet.

DER VORSCHLAG DER UNIA

Die Unia hat in den Verhandlungen klargemacht, dass die Bauleute mehr verdienen. Mindestens ein kompletter Ausgleich der Teuerung für alle sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Konkret hat die Unia vorgeschlagen, einen Teuerungsausgleich und eine moderate Reallohnerhöhung auf zwei Jah­­re zu verteilen. Und zwar so: 125 Franken mehr Lohn ab 2025 und weitere 125 Franken ab 2026. Als Konsequenz würde dafür der Landesmantelvertrag (LMV) um ein zusätzliches Jahr verlängert. Chris Kelley erklärt:

Damit wäre die Kaufkraft gesichert, und gleichzeitig gäbe es für die Betriebe mehr Planungssicherheit. Denn eigentlich läuft der LMV nächstes Jahr aus und müsste ab Anfang 2025 neu verhandelt werden.

Der Baumeisterverband hat diesen Vorschlag zur Kenntnis genommen.

FAR HAT SANIERUNGSBEDARF

Neben dem Lohn war auch die Rente mit 60 (FAR) Diskussionsthema. Denn gemäss zwei sozialversicherungstech­nischen Studien braucht es für den FAR vorübergehend zusätzliche Finanzierungsmassnahmen. Hintergrund ist eine unerwartete Abnahme der Anzahl aktiver FAR-Beitragszahlender. «Der Umfang der nötigen Sanierungen ist aber deutlich kleiner als bei den Anpassungen 2016 und 2019», sagt Kelley. Trotzdem droht Stunk. Denn geht es nach dem Baumeisterverband, sollen die Kosten für zusätzliche Massnahmen vollständig zu Lasten der Bauarbeiter und Poliere gehen. Konkret fordert der Baumeisterverband, einseitig die Lohnabzüge der Arbeitenden zu erhöhen – und zwar um 0,5 Prozent. Geht gar nicht, sagt Kelley, denn: «Damit würde selbst das minime Lohnangebot der Baumeister gänzlich zunichtegemacht!» Die Verhandlungen gehen am 28. Oktober weiter.

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