Protest in Schweizer Städten: 12 Stunden am Tag chrampfen für Luxusartikel
8 Euro Stundenlohn ist für Montblanc nicht billig genug

In Zürich, Basel und Genf haben am Samstag mehrere Organisationen vor Montblanc-Läden protestiert. Denn die Luxusmarke lässt Migrantinnen und Migranten zu Hungerlöhnen für sich chrampfen.

PROTESTAKTION IN ZÜRICH: Mit einem Banner werden die Bosse hinter Montblanc angeprangert. (Foto: zvg)

Zwischen 1200 und 2500 Franken kostet eine Laptop-Tasche von Montblanc. Die Luxusmarke, Teil des Schweizer Richemont-Konzerns, rühmt sich: Ihre Lederwaren würden in Florenz hergestellt, «im Herzen des italienischen Lederhandels» und mit «traditioneller Expertise», so der Webshop.

Doch die Realität ist hässlich. In der Region um Florenz chrampfen Tausende von Migrantinnen und Migranten zu Dumpinglöhnen in den Lederwerkstätten von Subunternehmen. Einer davon war Zain Ali aus Pakistan. Der 23jährige arbeitete für einen chinesischen Zulieferer namens Z Production. Seine Arbeit bestand darin, die Leder-Accessoires mit dem metallenen Montblanc-Logo zu versehen.

Ein Erfolg!

Die gut 70 Arbeiterinnen und Arbeiter von Z Production konnten letztes Jahr aufatmen: Unterstützt von der lokalen Basisgewerkschaft Sudd Cobas, wehrten sie sich mit Erfolg gegen überlange Schichten und für reguläre Arbeitsverträge. Die Folge:

Die Firma führte die 40-Stunden-Woche ein und erhöhte den Monatslohn leicht auf 1400 Euro, was einem Stundenlohn von rund 8 Euro entspricht. 

Zuvor hatten die Mitarbeitenden, die meisten aus China, Pakistan oder Bangladesh, 12 Stunden und mehr am Tag arbeiten müssen, und dies sechs Tage pro Woche. Pro Stunde betrug ihr Lohn dadurch nur zwischen 3 und 4 Euro! Das sei kein Leben gewesen, sagt Arslan Muhammad, Arbeiter bei Z Productions, in einem Bericht der Agentur Reuters:

Wenn du so viel arbeitest, hast du keine Zeit, deine Kleider zu waschen oder auch nur einzukaufen.

«Montblanc will nur Sklaven»

Doch 8 Euro sind dem Richemont-Konzern offenbar zu teuer. Laut der Gewerkschaft Sudd Cobas kürzt er bereits einen Monat später die Aufträge an das Subunternehmen deutlich, auf Ende 2023 kündigt er den Vertrag ganz. Offiziell, weil der Zulieferer die Standards gemäss dem Richemont-Verhaltenscodex nicht eingehalten habe. Z Production zahlt ab Ende Januar keine Löhne mehr. Für den Arbeiter Zain Ali ist offensichtlich, dass menschenwürdige Arbeitszeiten und Löhne bei Montblanc nicht erwünscht waren: «Sie wollten nur Sklaven.»

Seit mittlerweile anderthalb Jahren wehren sich die Arbeiterinnen und Arbeiter für ihre Jobs und für anständige Bedingungen. Sudd Cobas unterstützt die friedlichen Proteste. So auch in der Nacht vom 8. auf den 9. Oktober, als eine Mahnwache in der Stadt Prato, unweit von Florenz, unversehens attackiert wurde: Ein Schlägertupp aus Vermummten ging mit Eisenstangen auf die Anwesenden los und verletzte vier von ihnen, darunter zwei pakistanische Arbeiter. Die Angreifer hätten den Tatort verlassen mit den Worten:

Das nächste Mal werden wir schiessen.

Das berichtete gegenüber Reuters der örtliche Gewerkschaftsführer Luca Toscano, der bei der Attacke ebenfalls verletzt wurde.

Doch die Bewegung lässt sich nicht einschüchtern, im Gegenteil: Als Reaktion traten laut Sudd Cobas Arbeiterinnen und Arbeiter in anderen Lederwerkstätten in Streik und protestierten mit einem spontanen nächtlichen Marsch durchs Stadtzentrum gegen die Gewalt.

Protest in Zürich

Da sich Montblanc weigert, Verantwortung für die Herstellung ihrer Produkte zu übernehmen, rief Sudd Cobas zu internationaler Solidarität auf. Und stiess damit in Genf, Basel und Zürich auf fruchtbaren Boden.  In Zürich protestierten am Samstag zur besten Shoppingzeit mehrere Organisationen vor dem Montblanc-Laden an der edlen Bahnhofstrasse. Rudi Horvath von der interprofessionellen Gewerkschaft IGA, die den Protest mitorganisiert hat:

Hinter dem Luxusimage von Montblanc versteckt sich Ausbeutung.

Von den hohen Preisen hätten die Arbeiterinnen und Arbeiter gar nichts: «Die Profite landen ausschliesslich auf den Konten der milliardenschweren Eigentümer.»

SOLIDARITÄT IN BASEL: Verschiedene Organisationen haben sich an den Protesten gegen Montblanc beteiligt. (Foto: zvg)

Milliardär und Impfdrängler

Mehrheitsaktionär des Schweizer Richemont-Konzerns, zu dem auch Marken wie Cartier und IWC gehören, ist der südafrikanische Milliardär Johann Rupert.

SCHAMLOS: Milliardär Johann Rupert. (Foto: Keystone)

Neben zahllosen Firmen und Beteiligungen gehören dem 74jährigen auch die 18 Spitäler der Hirslanden-Gruppe. Das nutzte der Tycoon während der Corona-Pandemie schamlos aus: Noch bevor die ersten Risikogruppen die begehrte Impfung bekamen, flog er mit seinem Privatjet in die Schweiz und schnappte sich den Piks. Im Kanton Thurgau, weil dort Hirslanden für die Impfungen zuständig war. Nach heftigen Reaktionen aus der Bevölkerung musste der Thurgauer Gesundheitsdirektor Urs Martin (SVP) klein beigeben. Er gab bekannt, dass der Südafrikaner in seinem Kanton keine zweite Impfung erhalte. 

Finanziell läuft es Rupert wie geschmiert:

Letztes Jahr führte ihn der Bloomberg-Milliardär-Index erstmals als reichsten Menschen auf dem afrikanischen Kontinent. Und vor einem Monat garnierte er 11,5 Millionen Euro Dividende von Richemont.

Für diesen Betrag, so hat die Gewerkschaft Sudd Cobas errechnet, müsste ein Arbeiter in einem Montblanc-Subunternehmen 737 Jahre lang arbeiten.

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