1x1 der Wirtschaft
Schutzklauseln: Auf Kosten der Löhne

«Es braucht eine Schutzklausel!» Das ­fordern die Arbeitgeber und die bürgerlichen Parteien auf allen Kanälen. Die Schutzklausel soll die Einwanderung in die Schweiz beschränken. Doch wer soll hier wovor ­geschützt werden? Die Schweizer Patienten vor den Ärztinnen und dem Pflegepersonal aus dem Ausland, das wir in der Schweiz dringend brauchen? Oder die Gastrobranche, die ohne die Kurzaufenthalterinnen und Grenzgänger ­subito schliessen müsste? Diese ­Fragen zeigen, dass das Thema einiges komplizierter ist, als die Politikerinnen und Politiker vorgeben.

Erfahrung

Die Diskussion über die Schutzklausel ist nicht neu. Interessant ist, dass die Schweiz in den letzten 20 Jahren bereits Erfahrungen damit gemacht hat. Diese Erfahrungen zeigen: Die Schutzklausel hat keine Auswirkungen auf die Höhe der Einwanderung. Aber sie kann ­zu Druck auf ­Löhne und Arbeitsbedingungen führen. In den ersten Jahren der Personenfreizügigkeit konnte die Schweiz nämlich die neuen Bewilligungen für Ausländerinnen und Ausländer aus der EU beschränken. Davon hat sie Gebrauch gemacht. Bis zum 1. Juni 2007 beschränkte der Bundesrat die Daueraufenthaltsbewilligungen ­(B-Bewilligungen) für Staatsange­hörige aus den «alten» Ländern – der EU-17 mit Deutschland, Italien, Spanien usw. Und von Juni 2006 bis Mai 2011 sowie von Mai 2012 bis Mai 2014 waren die Daueraufenthalte für ­Zuwandernde aus den EU-Staaten der ­Osterweiterung begrenzt.

Lohndruck

Beschränkungen gab es nur für Daueraufenthalte. Kurzaufenthalte (L-Bewilligungen) und die Grenzgängerbewilligungen waren nicht ­begrenzt. Als die Daueraufenthalte beschränkt wurden, wichen die Unternehmen auf Kurzaufenthalte aus. Sie stellten den neu aus dem Ausland angestellten nur noch befristete Verträge aus. In der Folge stiegen diese merklich an. Die Summe aus B- und L-Bewilligungen blieb hingegen weitgehend gleich. Teilweise gab es auch mehr Grenzgängerinnen und Grenzgänger. Das ist mit einem grösseren Druck auf die Löhne verbunden. Denn wer nur einen befristeten Vertrag und einen Kurzaufenthalt hat, macht sich Sorgen, ob der Vertrag und der Aufenthalt verlängert werden, und ist eher bereit, auch zu einem tieferen Lohn zu arbeiten. Dieser Lohndruck bekommen letztlich alle zu spüren. Die Erfahrungen mit den Schutz- oder Ventilklauseln der letzten Jahre zeigen, dass die Firmen sich arrangieren und ausweichen. Oft auf Kosten der Löhne und der Arbeitsbedingungen.

Daniel Lampart ist Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB).

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