St. Galler Photovoltaik-Bude versucht, sich reinzuwaschen
Von wegen Unschuldslamm: Ukraine-Flüchtling abgezockt, Pole chrampfte ohne Lohn

Nach den work-Enthüllungen über die miesen Maschen der Viva Solar präsentiert sich ihr Chef als Unschuldslamm. Doch jetzt melden sich neue Insider zu Wort.

RECHTFERTIGUNG: In einem Artikel auf dem Gratismedium «Rheintal 24» zieht Viva-Solar-Inhaber David Zlatkovic alle Register, um sich vom Täter zum Opfer zu wandeln. (Montage: work)

Plötzlich klingelt das Telefon nonstop. Es sind Ex-Büezer der Photovoltaik-Bude Viva Solar aus Balgach SG, die bei work Sturm läuten. Viele sind empört, andere finden es einfach nur zum Lachen. Grund für die Aufregung ist ein Artikel, den das Gratismedium «Rheintal 24» gerade veröffentlicht hat. Darin darf sich Viva-Inhaber David Zlatkovic (28) als Unschuldslamm präsentieren – und als Opfer einer Intrige missgünstiger Mitarbeitender. Hintergrund ist ein work-Artikel von Ende September, in dem Mitarbeitende und Ehemalige schwere Vorwürfe gegen ihren (Ex-)Chef erheben.

Darunter Täuschung der Kundschaft mit gefälschtem Betreibungsregisterauszug, illegale Grenzgängerbeschäftigung oder Bschiss bei Löhnen und Sozialversicherungsabgaben. work machte zudem publik, dass gegen Zlatkovic Strafverfahren und Betreibungen nahe der Millionengrenze hängig sind. Und dass der Fachverband Swissolar ihn rausgeworfen hat – wegen «aggressiven Verkaufsverhaltens», «technischer Mängel» und fehlender Sicherheitsgerüste.

Bei «Rheintal 24» vermochte der Viva-Chef aber offenbar voll zu überzeugen. Er habe «viele Vorwürfe aufklären» und die «Vorgeschichte relativieren» können, heisst es. Kritische Fragen? Fehlanzeige. Das Fazit des Mediums:

Es sind eben nicht nur die ‹bösen Unternehmer› schuld, wenn sich ‹verzweifelte› Arbeitnehmer an die Öffentlichkeit wenden. In einigen Fällen sind die Beweggründe dieser Menschen (…) in gekränkter Eitelkeit oder schlichter Geldgier zu suchen.

«Habe geschuftet wie blöd»

Die Eitelkeit und Geldgier der Mitarbeitenden also. Ob damit auch David Abgaryan* gemeint ist? Der Büezer aus Armenien hat sich kürzlich bei der Unia in St. Gallen gemeldet. Die Kommunikation war schwierig, da Abgaryan weder eine Landessprache noch Englisch beherrscht. Doch die Unia-Leute fanden heraus: Die Viva hatte ihn rausgeschmissen und um einen vollen Monatslohn geprellt!

Oder Juri Ponomarenko* (24), Kriegsflüchtling aus der Ostukraine mit Schutzstatus S, über ein Jahr lang hielt er es aus bei der Viva Solar, war für sie in der ganzen Schweiz unterwegs. Er sagt: «Weil ich nicht aufs Sozialamt will, habe ich geschuftet wie blöd, oft 12 Stunden am Tag, einmal bis um Mitternacht.» Chef Zlatkovic habe jeweils gesagt:

Wenn du mit der Baustelle nicht fertig wirst, kannst du gleich ganz gehen!

Ponomarenkos Stundenrapporte zeigen: Mehrmals hat er das gesetzliche Limit von 50 Arbeitsstunden pro Woche überschritten. Doch jetzt hat ihm Zlatkovic innert Monatsfrist gekündigt – ohne Auszahlung des letzten Lohnes! Zudem hat ihm Zlatkovic 3000 Franken vom Lohn abgezogen – wegen eines kleinen Kratzers am Firmenwagen. Einen Beleg für allfällige Reparaturkosten oder einen Selbstbehalt der Haftpflichtversicherung hat Zlatkovic jedoch nie vorgelegt. Mit Hilfe der Unia fordert Ponomarenko jetzt 8500 Franken zurück.

Noch happiger hat es Paul Wójcik* getroffen. Der 47jährige Pole hat zwar nur einen Monat für Zlatkovic gearbeitet – bisher aber komplett umsonst. Wójcik hat noch keinen Rappen Lohn gesehen. Aber auch er sagt, er habe meistens 10 bis 12 Stunden pro Tag gearbeitet.

Chef haut vor Büezern ab

Zlatkovic streitet auf Anfrage sämtliche Vorwürfe ab und behauptet, die Löhne seien «korrekt bezahlt» und «frühere Versäumnisse» mit den Behörden «prompt geklärt» worden. Und er sagt: «Wenn einer ein Problem hat, soll er mit mir sprechen. Meine Tür steht allen offen.» Büezer Wójcik hat jedenfalls ganz andere Erfahrungen gemacht:

Zlatkovic ging nie ans Telefon, und als ich ihn in der Firma abgepasst habe, ist er sofort abgehauen!

Wójcik, Ponomarenko und Abgaryan haben jedenfalls genug gesehen. Mit der Unia an der Seite ziehen die drei nun vor die Schlichtungsstelle – und wenn nötig bis vor Gericht.

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