Aufspaltung des Traditionskonzerns Georg Fischer
Die neuen Pläne des Martin Ebner 

Martin Ebner (79) will die Maschinenbausparte des Georg-Fischer-Konzerns aufkaufen. Ebner hat eine turbulente Geschichte als Prediger des Aktionariats, gestrauchelter Spekulant und langjähriger Freund Christoph Blochers. Worauf spekulieren er und seine Investorenfreunde als nächstes?  

MASCHINEN, MILLIARDEN, MACHT: Ebner kauft bei Georg Fischer ein. (Montage: work)

Börsenguru und Schreck des Schweizer Wirtschaftsestablishments, das war Jurist Martin Mauritius Ebner in den 1990er Jahren. Er kaufte sich Anteile an Schweizer Traditionsfirmen, forderte Verwaltungsräte und Geschäftsleitungen öffentlich heraus und verlangte höhere Renditen für das Aktionariat. Mit roten Dächlikappen und Bratwürsten überzeugte er die Kleinsparer von seinen Plänen: Auch sie sollten mit Aktien Geld verdienen. Tausende folgten seinem Ruf, investierten ihr Erspartes bei Ebners Bank Zürich (BZ Bank) und erhofften sich 12 Prozent Rendite oder mehr. Ebners Slogan war: «Aktien verändern Ihr Leben!» Massenentlassungen und Firmenfusionen? Gut für den Shareholder-Value! Auch die AHV hätte Ebner am liebsten privatisiert und die Altersvorsorge ganz vom Aktien- und Immobilienmarkt abhängig gemacht.

Jugendfreund Christoph Blocher

Doch nicht nur Kleinsparern und Rentnerinnen versprach Ebner ein gutes Geschäft. Auch SVP-Führer Christoph Blocher gehörte zu seiner Kundschaft. Ebner kannte die Finanztricks, um die Konzerngewinne von Blochers Ems-Chemie möglichst steuerfrei einzusacken. Im Wallis machten Blocher und Ebner gemeinsame Sache bei der Zerschlagung der Traditionsfirma Alusuisse-Lonza. Mit Sonderdividenden, Sitzungsgeldern und dem Weiterverkauf kassierten die beiden mindestens eine halbe Milliarde Franken. In den ehemaligen Alusuisse-Fabriken in Sierre, Chippis und Steg (heute Constellium und Novelis) gingen in den Folgejahren 2000 Stellen verloren. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere waren Ebners Beteiligungen über 30 Milliarden Franken wert. Doch der Börsencrash um die Jahrtausendwende bescherte ihm und seinen Anlegern ein jähes Ende der Franken-Freude. Die BZ Bank ging beinahe pleite. Für Tausende Kleinsparer bedeutete das Grounding der BZ Bank den Totalverlust ihres Vermögens. Doch Ebner hatte einen Retter: Christoph Blocher. Mit einem Darlehen von über 150 Millionen Franken bewahrte er Ebner vor dem Bankrott. 

Wiederaufstieg in die Milliardärsklasse

Inzwischen bewegen sich Martin Ebner und seine Frau Rosmarie wieder in der Liga der Milliardäre. Die »Bilanz«-Rangliste der Reichsten in der Schweiz führt das Ehepaar aus Freienbach SZ an 119. Stelle mit einem Vermögen von fast vier Milliarden Franken. Seit 2006 sind die Ebners Besitzer der Schweizer Fluggesellschaft Helvetic Airways. Sie halten auch eine Mehrheit am Schweizer Immobilienkonzern Intershop und einen Fünftel der Aktien des Bankensoftwareherstellers Temenos. Und auch bei Industrieunternehmen sind die Ebners wieder im Geschäft, so etwa bei Autoneum, dem Ostschweizer Zulieferer der Autobranche.  

WENIGER STEUERN: 1997 verlegte Martin Ebner seine BZ Bank aus steuerlichen Gründen von Zürich in den Kanton Schwyz – und empfing dabei Demonstranten, die gegen den Umzug protestierten. (Foto: Keystone)

Grösster Werkzeugmaschinenproduzent

Im Jahr 2018 kauften die Ebners mit ihrer Beteiligungsgesellschaft Patinex AG und dem Geld von Investorenfreunden auch den Werkzeugmaschinenhersteller United Grinding Group (UGG). In der Schweiz beschäftigt UGG bei der Fritz Studer AG in Steffisburg BE sowie an einem Standort in Biel etwa 1000 Mitarbeitende. Jetzt soll das Geschäft mit den Schleif- und Fräsmaschinen deutlich ausgeweitet werden. Denn die Ebners und der ihr zugewandte Geldadel wollen mit der Patinex AG die Georg Fischer Machining Solutions kaufen (siehe Box). Mit dem Zukauf würde der grösste Schweizer Werkzeugmaschinenproduzent mit etwa 2500 Beschäftigten in der Schweiz und 6000 Angestellten weltweit entstehen. Der Jurist der Patinex AG betont gegenüber der Zeitung «Schaffhauser AZ», dass die Ebners langfristig in diese Firmen investieren wollen.

Das Geschäft mit dem Krieg

Neben der Produktion von hochpräzisen Maschinen haben die Fritz Studer AG und die Georg Fischer Machining Solutions noch eine weitere Gemeinsamkeit: Beide Firmen tauchten in einer 2022 veröffentlichten Liste des ukrainischen Wirtschaftssicherheitsrates auf: Die GF Machining Solutions hatte 2018 Fräs- und CNC-Maschinen im Wert von 10 Millionen Franken an einen russischen Rüstungskonzern geliefert. Und die Fritz Studer AG verkaufte CNC-Maschinen an das Kusnezow-Werk in der südrussischen Stadt Samara. Kusnezow versorgt die russische Armee mit Triebwerken für Bomber und Langstreckenflugzeuge. Inzwischen sind die Exporte von Werkzeugmaschinen nach Russland aufgrund der internationalen Sanktionen verboten. Die wichtigsten Exportmärkte für die Fritz Studer AG sind heute die USA und China. Ob die Ebners und ihre Investorenfreunde mit dem neusten Zukauf auf eine Ausweitung des Geschäfts mit dem Krieg spekulieren? work bleibt dran.

MEM-GAV missachtet: Personalkommissionen nicht frühzeitig informiert

Georg Fischer, das 1802 in Schaffhausen gegründete Unternehmen, gehörte zusammen mit Sulzer, Rieter und ABB zu den Ikonen der Schweizer Industriegeschichte. Im Gegensatz zu den anderen grossen Schweizer Industriekonzernen hat sich Georg Fischer aber nicht aufgespalten, sondern produzierte weiterhin eine breite Palette von Produkten von Werkzeugmaschinen (GF Machining Solutions, früher Agie Charmilles) über Rohrsysteme (GF Piping Solutions) bis zu Gussformen (GF Casting Solutions). 

EBNERS DEAL. Im Oktober informierte die Konzernleitung von Georg Fischer, dass sie die GF Machining Solutions und die GF Casting Solutions verkaufen will. Martin Ebners Patinex AG wird die Maschinenbausparte voraussichtlich im Frühjahr 2025 für 650 Millionen Franken übernehmen. Für die GF Casting Solutions mit weltweit 3700 Mitarbeitenden hat der Konzern noch keinen Käufer gefunden. Der Georg-Fischer-Konzern will sich ganz auf das Wassermanagement in Siedlungsgebieten und Energielösungen für Gebäude fokussieren. Im Hinblick auf den Ausbau dieser Sparte übernahm der Konzern im Jahr 2023 die finnische Firma Uponor mit 3400 Angestellten. 

ENTLASSUNGEN? Über diesen Milliarden-Deal erfuhren der Europäische Betriebsrat (EBR) und die Personalkommissionen erst nachträglich durch eine Medienmitteilung. Beim Verkauf der GF Machining Solutions hat der Konzern die Personalkommissionen ebenfalls nicht frühzeitig informiert, obwohl Artikel 38 des Gesamtarbeitsvertrages der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie den Personalkommissionen umfassende Informations- und Mitwirkungsrechte garantiert. Es bleibt unklar, ob es beim Verkauf von GF Machining Solutions zu Entlassungen kommt und welche Garantien es für die Mitarbeitenden gibt. Die Personalkommissionen werden auch nicht in die Verkaufsverhandlungen miteinbezogen, obwohl gemäss GAV MEM zumindest eine Informationspflicht besteht. (isc)

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