Viel Optimismus, Solidarität und Engagement für das Jahr 2025
20 Gründe, warum wir die Hoffnung nicht verlieren

HELDINNEN UND HELDEN DES ALLTAGS: Diese 20 Menschen machen die Welt ein bisschen besser. (Kollage: work)

Die Welt scheint aus den Fugen: Kriege, Klima, Krisen. Der rechte Aufstieg von Kickl, Weidel, Trump & Co. Und dazu noch Teuerung, kranke Prämien und Abzockermieten. Eine Heldin, wer da nicht ab und zu den Kopf hängenlässt. Doch es gibt sie, die Menschen, die sich trotz oder gerade deshalb engagieren und uns damit inspirieren: gegen Rassismus, für Sans-papiers, gegen die Klimakrise, für den Schutz der Meere, gegen sexuelle Belästigung, für feministische Forschung und vieles mehr!


Überall ist Widerstand! Urs Sekinger, 70, Zürich

Eigentlich ist es zum Verzweifeln», sagt Urs Sekinger. Denn weltweit gebe es immer mehr Unrechtregime. «Doch wenn wir genau hinschauen, sehen wir überall auch ­Menschen, die Widerstand leisten und ­Solidarität leben.» Sekinger weiss, wovon er spricht. Er ist Präsident des Solifonds, einer Stiftung, die soziale Befreiungskämpfe in der Dritten Welt unterstützt. Im letzten Jahr konnte seine Organisation dank treuen Spenderinnen fast 300’000 Franken an Partnerorganisationen schicken. Die Menschen dahinter sind es, die Sekinger inspirieren: «Sie geben mir Zuversicht, dass eine andere Welt möglich ist. Und sie fordern mich heraus, mich ebenfalls dafür einzusetzen.»


Bereichernde Vielfalt Samson Yemane, 32, Lausanne

Samson Yemane arbeitet für die Schweizerische Flüchtlingshilfe und ist Mitglied der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus. Mit dem Eritreischen Medienbund (EMBS) setzt er sich für Menschen aus Eritrea in der Schweiz ein und kämpft gegen alle Formen von Diskriminierung. Er sagt: «Einige Politiker und Parteien versuchen Ängste zu instrumentalisieren und unsere Gesellschaft zu spalten. Wir müssen zeigen, dass Vielfalt eine Bereicherung und keine Bedrohung ist.»


Unterwegs fürs Klima Oda U. Müller, 79, Zürich

Seit 2016 ist Oda U. Müller bei den Klima­seniorinnen aktiv. Dieser Verein hat gegen die Schweiz geklagt, weil sie zu wenig gegen den Klimawandel tue. «Ich konnte mein schlechtes Gewissen besänftigen, weil ich ja auch ‹mitschuldig› bin. Und es tut mir in der Seele gut, dass ich etwas bewirken kann.» Die Schweizer Gerichte haben die Klage der Klimaseniorinnen allesamt abgelehnt. Deshalb zogen die Seniorinnen die Klage nach Strassburg weiter. Der Europäische Gerichtshof für ­Menschenrechte gab ihnen schliesslich recht. Doch Bundesrat und Parlament weigern sich, das Urteil umzusetzen. Dafür wird sich Müller 2025 einsetzen, die Umsetzung des Urteils ist jetzt das Hauptziel des Vereins.


Meeresschutz betrifft alle Fabienne Andermatt, 45, Schwyz

Fabienne Andermatt koordiniert für die Meeresschutzorganisation Sea Shepherd die Deutschschweiz, betreut 56 Volunteers, organisiert Events und leitet das Team, das in Schulen über Meeresschutz aufklärt. Für Andermatt betrifft der Schutz der Meere alle Menschen. «Jeder zweite Atemzug stammt aus dem Meer, weshalb Meeresschutz bereits hier, in der Schweiz, beginnt.» Besonders prägend war für sie ein Einsatz auf den Färöern, wo sie Zeugin eines sogenannten Grinds wurde – einer Tradition, bei der Hunderte Wale brutal getötet werden. Ihr nächstes Ziel: Kampagnen in Griechenland und Italien.


Mehr als ein Internetcafé Ladina Marthaler, 30, Zürich

Seit neun Jahren arbeitet Ladina Marthaler im Kafi Klick, einem Internetcafé für Armutsbetroffene in Zürich. Langweilig sei es ihr dabei nie geworden, im ­Gegenteil: «Hier sehe ich immer direkt, was mein Tun bewirkt!» Schliesslich ist das «Klick» weit mehr als ein Internetcafé: Das Team hilft den Gästen bei Problemen mit dem Chef, beim Schriftverkehr mit Ämtern oder bei der Wohnungs- und Jobsuche. Aber nicht nur: «Wir versuchen immer über die Einzelberatung hinaus kollektive Momente zu schaffen», sagt Marthaler. Dafür hat sie vor vier Jahren extra «Zürich Solidarisch» mitgegründet, eine Gruppe für gegenseitige Hilfe. Schon über 400’000 Franken Lohn konnte die Gruppe erstreiten – mit gemeinsamen Aktionen oder Gerichtsverfahren. Dazu Marthaler: «Es sind diese Gesten der Solidarität, aus denen ich Zuversicht schöpfe.»


Laufen gegen Rassismus Aisha Famy, 36, Zürich

Fachstellen und Bund sind sich einig: In der Schweiz nehmen Fälle von rassistischer Diskriminierung zu – und das seit Jahren. Umso wichtiger sind Initiativen wie der Lauf gegen Rassismus in Zürich. Gegründet 1997 von Gewerkschaftskreisen, ist er längst zum populären Kultanlass geworden. Mitorganisatorin Aisha Famy sagt zwar, die Vorbereitungen seien streng. Doch am Lauf merke sie dann, wofür sie all das mache: «Die Stimmung ist einzigartig, die Leute haben extrem Freude!» Jung und Alt aus nah und fern, Hunderte rennen (oder spazieren) im Kreis und – erhöhen pro Runde den Spendenertrag. «Das Sportliche und das Ideelle spornen einfach an», sagt Famy. Rund 150’000 Franken seien zuletzt zusammengekommen. Das Geld geht komplett an antirassistische Projekte.


Foodwaste: Fertig mit ­Blabla! Mirko Buri, 41, Utzigen BE

65 Tonnen Gemüse will Mirko Buri auch dieses Jahr retten. Zusammen mit einer Vielzahl Freiwilliger: Letztes Jahr haben 1200 Leute an Buris Schnippel-Events Gemüse mit «optischen Abweichungen» verarbeitet. Denn ganze 30 Prozent der Lebensmittel schaffen es nicht in die Regale und landen in der Biogas-Anlage. 2025 wird der Kampf gegen Foodwaste Fahrt aufnehmen, freut sich Buri: «Bisher setzte der Bund auf Freiwilligkeit. Jetzt ist fertig blabla, es wird griffige Massnahmen geben.»


Kultur als notwendiger Teil der Arbeit Antonie Rohdich, 26, Zürich

Antonie Rohdich verbindet ­Bewegungen: Im Moment ist sie als Unia-Mitglied Mitorganisatorin des ersten nationalen LGBTQ-Treffens der Gewerkschaft. Und beim Klimastreik ist sie aktiv an der Schnittstelle zwischen Arbeitenden, Gewerkschaften und Klimaaktivistinnen und engagiert sich für den ökosozialen Umbau. Rohdich sagt: «Ich möchte mithelfen, dass die Gewerkschaft ein lebendiger Ort ist, nicht nur, wenn es um Arbeitskonflikte geht.» Als Schauspielerin ist sie auch Mitorganisatorin der «Roten Kulturtage», wo Arbeiterinnen, linke Vereine und Gewerkschaften mit Theater, Musik und Tanz zusammenkommen.


«Verstecken hilft uns nicht» André Hebeisen, 55, Bern

Jahrelang arbeitet André Hebeisen in einer Baufirma und steigt zum Abteilungsleiter auf. Bis er 2010 ein Burnout erleidet, alkoholabhängig wird und den Job verliert. Heute arbeitet er für den Verein Surprise, als Verkäufer des Magazins und als Stadtführer. Seit neun Jahren ist er trocken. Er möchte den Leuten die Augen öffnen: «In der reichen Schweiz wird Armut oft versteckt. Aber das hilft uns Betroffenen nicht, im Gegenteil.» 2025 baut er sein Engagement noch aus: Er wird in Schulen über Alkoholabhängigkeit informieren und sich am «Rat für Armutsfragen» beteiligen, den der Bundesrat kürzlich ins Leben gerufen hat.


Endlich faire Löhne Ilknur Tas, 52, Kaiseraugst AG

Seit 30 Jahren arbeitet Ilknur Tas beim Lebensmittelhersteller Halba, einer Nebensparte von Coop, die den Fokus auf die Schokoladenproduktion legt. Genauso lange ist Tas auch Gewerkschaftsmitglied bei der Unia. Doch erst vor kurzer Zeit ist sie aktiv in der Gewerkschaft und wehrt sich gegen Missstände bei der Arbeit. «Ich habe eine Ausbildung zur Anlageführerin absolviert und nicht den Lohn erhalten, den ich für mein Diplom verdiene», sagt Tas. In das neue Jahr blickt sie kämpferisch und motiviert, denn: «Wir brauchen bessere Löhne für unsere schwere Arbeit!»


Den Opfern helfen Grazia Prezioso, 50, Winterthur

Grazia Prezioso hat letztes Jahr das Präsidium der IG Frauen der Unia übernommen und sich für 2025 ein klares Ziel gesetzt: Sie will Menschen helfen, die am Arbeitsplatz belästigt werden. Ob sexuelle Belästigung, Mobbing oder Diskriminierung: für die Betroffenen ist es schwierig, mit der Situation umzugehen. Grazia Prezioso will möglichst viele, die in der Unia aktiv sind, dafür schulen, solchen Menschen zu helfen. Sie sagt: «Wir sind in direktem Kontakt mit Arbeiterinnen und Arbeitern. Wenn jemand ein Opfer von Belästigung wird, müssen wir wissen, wie wir dieser Person zur Seite stehen können.»


Teamspirit und neue ­Netzwerke Ramona Graf, 27, Oberbipp BE

Als Teamleiterin und Mitglied der Personalkommission bei Stahl ­Gerlafingen hat Ramona Graf ein turbulentes Jahr hinter sich. Mit der verhinderten Entlassungswelle und der Unterstützung aus Bundesbern hat die Belegschaft erfolgreich für die Zukunft von Stahl Gerlafingen gekämpft. Dank ihrem grossartigen Team und dem neu entstandenen Netzwerk in der Politik blickt sie mit Zuversicht auf das neue Jahr.


Für bessere Arbeitsbedingungen in den Kitas Lisa Haubensak, 35, Gattikon-Thalwil ZH

Die Kita-Mitarbeiterinnen in Zürich haben die Nase voll. Sie haben per­manent Stress, sind in den Teams unterbesetzt und verdienen obendrauf noch ­ziemlich wenig. Das wollen die Kinderbetreuerinnen ändern mit einem GAV für ihren Berufsstand in Zürich. Lisa Haubensak hat letztes Jahr eine Infoveranstaltung zum Thema besucht und ist danach sofort in die Gewerkschaft VPOD eingetreten, um in der Begleitgruppe die Interessen ihrer Kolleginnen und Kol­legen zu vertreten. Das Ziel für dieses Jahr ist für Lisa Haubensak klar: «Wir müssen grosse Schritte weiterkommen.»


Campingtour mit dem Sohn Fredi Frei, 45, Bern

Damit er genügend Zeit mit seinem elfjährigen Sohn verbringen kann, hat Fredi Frei im Job reduziert. Der Spengler und Dachdecker arbeitet statt Vollzeit jetzt noch 90 Prozent. Damit gehört er in der Branche zu einer ­Minderheit von erst sieben Prozent, alle anderen haben Vollzeitjobs. Ein Projekt mit Unia-Beteiligung will das jetzt ändern. Frei und sein Sohn verbringen viel Zeit draussen. «Im Sommer gehen wir wieder zwei Wochen auf Campingtour, nur wir zwei.»


Für feministische ­Forschung Elisa Mombelli, 31, Bern

Als Vorstandsmitglied des Vereins Feministische Wissenschaft Schweiz (FemWiss) engagiert sich Elisa Mombelli für die Sichtbarkeit und Förderung feministischer Forschungsarbeit in der Schweiz. Seit zwei Jahren ­arbeitet Mombelli als Projektleiterin für Organisationsentwicklung bei den SBB. Sie sagt: «In meinem Job setze ich für eine inklusive Unternehmens­kultur, Gleichstellung und Vielfalt beim Bahnpersonal ein.»


Für eine solidarische Landwirtschaft Franziska Merz, 40, Konolfingen BE

Franziska Merz ist Teil des Vereins Setzhouz, der die Landwirtschaft solidarisch denkt. Die Vereinsmitglieder bauen auf einem Feld in Münsingen gemeinsam Gemüse an und teilen sich die Ernte. Unterstützt werden sie von einem Gärtner und einer Gärtnerin. Sie verzichten dabei ganz auf den Einsatz von Pestiziden. Um kostendeckend zu sein, braucht der Verein noch 25 Mitglieder. Ein Ziel, das er dieses Jahr erreichen will. Franziska Merz sagt zum Projekt, dass es um mehr als Gemüse gehe: «Es gibt mir Hoffnung auf eine gute Zukunft.»


Schiedsrichter mit ­Leidenschaft Eset Jashari, 61, Logistiker und ehe­maliger Saisonnier, Biel

Es ist der undankbarste Job im ­Fussball: Schiedsrichter. Aber Eset Jashari macht ihn gern. Woche für Woche pfeift der Logistiker, der 1989 als Saisonnier in die Schweiz kam, einen Match bei Amateuren oder Junioren. Und das seit 33 Jahren! Er habe dabei viel gelernt, sagt Unia-Mitglied Jashari. Etwa, wie er einen hässigen Spieler wieder runterbringt, statt die Lage eskalieren zu lassen. «Und ich komme garantiert zu genug Bewegung.»


«Essen für alle» Amine Diare Conde, 27, Zürich

Vor fünf Jahren, während der Corona-­Pandemie, startete Amine Diare Conde das Projekt «Essen für alle». Heute verteilt der ­Verein mit vielen Freiwilligen in mehreren Schweizer Städten jede Woche Nahrungsmittel und Hygieneartikel an 5000 armutsbetroffene Menschen. Conde flüchtete vor 11 Jahren aus Guinea in die Schweiz und lebte auch einige Jahre als Sans-papiers. Dieses Jahr wird er seine Lehre als Hochbauzeichner abschliessen. Conde sagt: «Damit geht für mich ein langjähriger Traum in Erfüllung.»


Beratung für Sans-papiers Helin Genis, 30, Bern

Die Juristin Helin Genis engagiert sich bei der Berner Beratungsstelle für Sans-papiers. Der Verein berät Menschen, die in der Schweiz leben, aber keine Aufenthaltsbewilligung haben. Dabei geht es konkret um Schulen und Lehrstellen, Sozial- und Krankenversicherungen, Ausbildung und Deutschkurse, die Wohnsituation oder die Arbeitsbedingungen. Genis sagt: «Ich finde es sehr wichtig, mich ehrenamtlich zu engagieren.» Seit 2015 macht sie Beratungen, und in letzter Zeit ist sie vor allem für das Soli-Lotto und den Soli-Lauf aktiv. «Dafür möchte ich mir auch 2025 Zeit nehmen.» Genis ist in der Unia aktiv bei der IG Jugend und der IG Frauen.


Gesundheitsversorgung für alle Amina Trevisan, 51, Basel

Auf der Basis ihrer soziologischen Doktorarbeit über Depression im Kontext von Migration hat Amina Trevisan «Prosalute» gegründet. Die Nonprofitorganisation setzt sich für einen chancengerechten Zugang zur Gesundheitsversorgung für Migrierte, Geflüchtete und Armutsbetroffene ein. Sie sagt: «Ich engagiere mich mit ‹Prosalute› für Menschen, die psychisches und soziales Leid erfahren, das durch gesellschaftliche Bedingungen mitverursacht wird.» Zudem baut sie derzeit ein Zentrum für Frauen auf, die von häuslicher Gewalt betroffen sind. Als Unia-Mitglied und Grossrätin der SP im Kanton Basel-Stadt setzt sie sich mit Empathie, Leidenschaft und Hartnäckigkeit für soziale Gerechtigkeit ein.

Schreibe einen Kommentar

Bitte fülle alle mit * gekennzeichneten Felder aus.