Fast 450 Kommentare in drei Tagen: so viel Aufruhr verursachte ein Artikel über einen Berliner Oben-ohne-Entscheid in der NZZ. Die Kommentare schwanken zwischen Belustigung und «selber schuld an der Belästigung». Der Entscheid der «Ombudsstelle der Landesstelle für Gleichbehandlung» – publiziert am Weltfrauentag – erlaubt das «Schwimmen mit freiem Oberkörper» in ganz Berlin neu auch für weibliche Personen. Und: Ab sofort sei vom Bikinihöschen bis zum Burkini alles erlaubt.
Zum Entscheid kam es nach einem Polizeieinsatz im Schwimmbad Kaulsdorf. Dort zog die Rettungsschwimmerin Lotte Mies oben ohne ihre Bahnen, bis die Polizei sie aus dem Becken holte und ihr die Schwimmbadordnungs-Leviten las. Worauf sich Mies abtrocknete und eine Diskriminierungsbeschwerde einreichte.
Das Gosteli-Archiv hütet die Geschichte der Frauenbewegung. Damit wir nie vergessen, wem wir das Frauenstimmrecht, die Mutterschaftsversicherung oder die professionelle Pflegerinnenausbildung zu verdanken haben.
Leoti Blaker schaffte es 1903 in die Schlagzeilen eines New Yorker Abendblattes: Als der Mann neben ihr im vollgepferchten Pferdetram immer dichter heranrückte und seine Hand an ihre Taille legte, fasste sie sich kurzerhand an den Hut und bohrte ihm die Hutnadel in den Arm. Emma Miller, engagierte Gewerkschafterin und Kämpferin für das Frauenstimmrecht, wehrte sich an einer Demonstration in Brisbane, Australien, gegen ihre Verhaftung: mit ihrer Hutnadel stach sie auf das Pferd des Polizisten ein.
Hinaus zum 8. März! Hinaus zum 14. Juni!
NADEL. Die Mode der Belle Epoque (etwa 1884 bis 1914) mit ihren engen Korsetts und überlangen Röcken brachte die Frauen einer ständigen Ohnmacht nahe und machte ihnen das Gehen schwer. Aber die Hutnadel, mit der sie ihre ausladenden Hüte befestigten, gab ihnen ein Mittel in die Hand, mit dem sie sich gegen Übergriffe wehren konnten. Oder auch mal, wie Bertha Benz, Gattin des Autopioniers Carl Benz, für die Reinigung eines verstopften Benzinrohrs verwenden konnten.
Ein Foto in Schwarzweiss: ein langer Tresen mit Kisten und Kistchen, gefüllt mit Weihnachtskugeln, strassverzierte Weihnachtsbaumspitzen am Laufmeter, Glitzerfäden überall. Vor dem Verkaufstisch steht eine Kundin. Sie trägt ein kokettes Hütchen mit Netz vor dem feinen Gesicht, einen schicken Mantel im Leopardenmuster, die schwarze Handtasche eingeklemmt unter dem Arm. Eine Hand steckt im Lederhandschuh, die andere hält einen glänzenden Tannenzapfen. Diesen streckt sie der Verkäuferin entgegen, der Gesichtsausdruck skeptisch, eine Spur herablassend. Die Verkäuferin, in feinkarierter Bluse und Strickjacke, hält ebenfalls einen dieser glitzernden Zapfen, der Blick gesenkt, leicht vornübergeneigt, leicht devot.
Swiss-Life-Präsident Rolf Hugo Dörig (65) residiert in einer 20-Millionen-Villa in Küsnacht ZH mit Seeanstoss. Ein heimeliges Nest für seine Frau und seine drei mittlerweile erwachsenen Söhne.
Das Dorf Fairbourne liegt an der malerischen Küste von Wales, Grossbritannien. 2014 meldete der Nachrichtensender BBC Wales: Fairbourne lasse sich nicht länger gegen das Meer verteidigen. Schon 2025 müsse es aufgegeben werden. Später zeigten sich die Behörden bereit, den schützenden Damm noch bis 2054 aufrechtzuerhalten. Danach wird das Dorf dem Meer überlassen. Die Klimakrise (zu der sich auch Baubüezer Käch, unser neuer Kolumnist, Gedanken macht) führt zu steigenden Meeresspiegeln, häufigeren und extremeren Stürmen. Deshalb wird Fairbourne nicht mehr bewohnbar sein, die rund tausend Einwohnerinnen und Einwohner müssen ihre Häuser verlassen. Werden sie die ersten europäischen Klimaflüchtlinge?
Auch Neo-Bundesrat Albert Rösti (SVP) durfte am Treffen der Reichen und Mächtigen in Davos dabei sein. Doch es lief nicht wie geschmiert: Deutschlands Wirtschaftsminister Robert Habeck benannte ihn kurzerhand um zu «Kollege Rösstli». Auch der Gasdeal mit Deutschland ging bachab. Wobei der Umweltminister Wasser nicht scheut, ist er doch auf der Website der Wasserkraftlobby (SWV) noch immer als ihr Präsident aufgeführt. Er war auch Präsident der Heizöllobby Swissoil, dazu jahrelang Atomlobbyist. Bis zu 16 Mandate brachte er unter einen Hut. Für weniger reich behutete eine schwindelerregende Anzahl von Rösstli-Drehungen.
Wenn es um trümmlige Wendungen geht, ist auf Röstis Parteikollege Christian Imark Verlass. Seine Antwort auf die Energiekrise: «Schweizer Erdgas fördern!» Seit den 1950er Jahren taucht diese Idee immer wieder auf, mit steigender Absurdität. Geologisch betrachtet ist es relativ einfach: Ja, das schweizerische Mittelland erfüllt alle Voraussetzungen für Erdöl- oder Erdgasvorkommen. Aber nein, wir wissen nicht genau, wie gross die Vorkommen sind. Bei Probebohrungen stiess man zwar immer wieder auf Gas und Öl. Doch einzig im luzernischen Entlebuch wurde in den 1980er Jahren in sehr bescheidenen Mengen Erdgas gefördert. Politisch ist die Sache etwas komplizierter.
Der Druck am Arbeitsplatz. Der Stress, Familie und Job unter einen Hut zu bringen. Und das erst noch zu tiefen Löhnen: Das erleben viele Frauen in der Schweiz. Unia-Präsidentin Vania Alleva sagt im grossen work-Jahresauftakt-Interview, was die Unia für sie fordert und warum Gleichstellung nicht nur die Frauen etwas angeht.
2023 wird der Gesamtarbeitsvertrag der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM) neu verhandelt. Die Unia fordert unter anderem: Mehr Lohn, besserer Kündigungsschutz und ein ausgebauter Mutter- und Vaterschaftsurlaub.
10 und 434'000'000'000. Diese zwei Zahlen haben’s in sich. Die erste wird meist nur beiläufig erwähnt, dabei müsste ihr immer ein grosses Ausrufezeichen folgen! Mit Elisabeth Baume-Schneider wurde die 10. Bundesrätin gewählt. Erst die 10.! Insgesamt hatte die Schweiz bereits 120 Bundesräte, davon aber nur 10 Frauen! Erst 13 Jahre nach der Einführung des Frauenstimmrechts kam 1984 mit Elisabeth Kopp eine Frau in die Regierung. Nach ihrem erzwungenen Rücktritt blieben die Männer dann wieder vier Jahre lang unter sich. Bis 1993 Ruth Dreifuss als zweite Bundesrätin und erste Gewerkschafterin in den Bundesrat gewählt wurde – nach heftigen Frauenprotesten gegen die Nichtwahl der offiziellen SP-Kandidatin Christiane Brunner. 1999 stiess Ruth Metzler dazu, musste aber vier Jahre später für SVP-Blocher ihren Sitz wieder räumen. Blocher wiederum wurde vier Jahre später durch Eveline Widmer-Schlumpf ausgetauscht, die als Sprengkandidatin Schweizer Geschichte schrieb. Danach wurde es ruhiger um die Frauen-Kandidaturen. Bis jetzt die von rechtsbürgerlicher Seite gerne als Gmögige (sprich harmlos) bezeichnete Elisabeth Baume-Schneider leicht überraschend gewählt wurde.