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Kolumnen

Editorial

Solidarität beginnt bei einem Bruch

Dass Sexualität kein Tabu-Thema mehr ist, haben wir auch Margaret Mead (1901–1978) zu verdanken. Die US-Amerikanerin reiste 1925 alleine auf die Pazifikinsel Samoa, um das Heranwachsen und das sexuelle Verhalten junger Mädchen zu erforschen. Aus dieser und anderen Feldforschungen zog sie den Schluss: Das Umfeld bestimmt das Verhalten der Geschlechter und nicht die Biologie. Mit dieser These wurde Mead zu einer der berühmtesten und auch umstrittensten ­Ethnologinnen ihrer Zeit. Mead wird eine Anekdote zugesprochen, die aktueller nicht sein könnte: Als Mead von einer Studierenden gefragt wurde, was sie historisch als erstes Zeichen der Zivilisation betrachte, war ihre Antwort so überraschend wie einleuchtend: Es sei ein gebrochener und wieder zusammengewachsener Oberschenkelknochen. Kein Tier in der Wildnis überlebe einen Beinbruch lange genug, damit er heilen könne. Der geheilte Oberschenkelknochen beim Menschen erbringe den Beweis, dass sich jemand um den Verletzten gekümmert, ihn gepflegt und lange genug geschützt habe, bis der Knochen geheilt war.

Editorial

Lilafarbene Frische

Was bleibt, ist frischer Mut. Frauenstreikduft liegt in der Luft! Das Datum steht, save the date: am 14. Juni 2023 sind wir bereit! Vor drei Jahren gingen an diesem Tag eine halbe Million Menschen auf die Strasse und tauchten die Schweiz in ein lila Farbenmeer. Der feministische Streik 2019 war kraftvoll und laut. Aber offensichtlich haben gewisse gutbetuchte Herren und Damen diesen Tag der Tage bereits wieder vergessen, wie das Ja zur AHV-Abbau-Vorlage auf dem Buckel der Frauen gezeigt hat («Wir sind gekommen, um zu bleiben!», AHV 21 am 25. September: Oben gegen unten). Vielleicht braucht es nach der lila Welle jetzt eine lila Flut, für Lohngleichheit, für eine faire Aufteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit, für frauenfreundliche Arbeitsplätze … Das Abstimmungsresultat gibt dem Mut Schub für die Flut.